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Um was es geht: Kinder erschrecken, ausschweifen gehen. Keith Richards mit den Rolling Stones live im Juni 2013 beim britischen Glastonbury-Festival.

Foto: APA/EPA/ARRIZABALAGA

Wien – Irgendwann einmal hat Keith Richards beschlossen, die in ihn gesetzten Erwartungen vollinhaltlich zu erfüllen. Er ist zum Faktotum geworden. Der Spargeltarzan an der Gitarre der Rolling Stones hat zwar gemeinsam mit oder trotz Mick Jagger früher einmal die besten Songs der Welt geschrieben. Satisfaction, Sympathy For The Devil, Paint It Black und, und, und. Da sich die "härteste Rockband der Welt" aber seit 1980 in verdienter kreativer Frührente bei gleichzeitigem kommerziellem Höhenflug befindet, findet der Mann aus einem Vorort Londons alle Zeit und Muße, seither live den freundlich angetrunkenen Schmuddelopa zu geben.

Den unwürdig alternden Opa verräumt man auf Familienfesten immer gern mit einer Flasche Hochprozentigem in der Küche. Dort hockt er dann am Tisch, erzählt sich selbst die alten Witze, über die er selbst am lautesten lacht, bevor er seinen Raucherhusten bekommt und wegen denen dann Mick wieder monatelang stinkig auf ihn ist. Und er erschreckt die ihm namentlich nicht bekannten, alle gleich ausschauenden Enkerln, wenn sie für die Mama eine frische Kuchengabel holen müssen: Buh! Har, har, har!

Keith Richards hat all die alten Geschichten über Drogen, harte Drogen und wahnsinnig harte Drogen, über Frauen, andere Frauen und noch mehr Frauen sowie seine Liebe zum Blues und Rock 'n' Roll 2010 in der zotigen Autobiografie Life für all jene Leute festgehalten, die sich nicht in die Küche trauen. Alle haben sich erstens darüber gewundert, dass er noch lebt, und zweitens, dass er sich an sein Leben erinnern kann.

Keith Richards ist für alle, die schlechten Willens sind, ein Held. Nicht brav sein zahlt sich aus. Und wenn nicht, ist es auch egal. Ausschweifen gehen ist super. Sein Stinkefinger ist der schönste Stinkefinger der Welt. Er ist ein richtiger Dreckskerl. Das ist ein Ehrentitel. Mehr als 50 Jahre geht das mit den Stones schon so. Richards ist ein weißer Wal. Er wird am Mittwoch für uns alle 70 Jahre alt. Wir lassen uns das Rocken nicht verbieten. Keine Chance, ihr verdammten Spießer. (schach, DER STANDARD, 18.12.2013)