Wien - "Wenn es kracht, erwacht ein archaischer Trieb", sagt Othmar Thann, der Geschäftsführer des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV). Es ist ein Trieb, der bei Burschen und jungen Männern offenbar besonders ausgeprägt ist. Denn Unfälle mit Feuerwerken und pyrotechnischen Produkten hinterlassen zu 97 Prozent männliche Opfer, 65 Prozent von ihnen sind jünger als 25 Jahre. Jedes fünfte Opfer ist sogar ein Kind unter 15 Jahren.
"Gerade den jungen Burschen und Männern fehlt es oftmals am notwendigen Gefahrenbewusstsein und an essenziellem Wissen über den richtigen Umgang mit pyrotechnischen Produktion", sagte Thann am Dienstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Peter Thirring vom österreichischen Versicherungsverband und Thomas Csengel vom Entschärfungsdienst der Spezialeinheit Cobra.
Jeder dritte Testkauf positiv
So wie zuletzt ein 21-jähriger Burgenländer am Montag, müssen jedes Jahr vor und zu Silvester rund 600 Menschen wegen Verbrennungen und in Extremfällen mit lebensgefährlichen Verletzungen in Spitälern behandelt werden. Tausende weitere tragen Hörschäden davon, und die Sachschäden bewegen sich laut Thirring vor allem wegen Bränden in Millionenhöhe.
Wie leicht Jugendliche Zugang zu ihnen verbotenen Böllern oder Raketen finden, ergaben vom KFV aktuell durchgeführte Testkäufe in Wien, Niederösterreich, dem Burgenland und Vorarlberg. In 25 von 77 Fällen gaben Diskonter, Baumärkte, Fach- und Onlinehändler entgegen den gesetzlichen Vorschriften Feuerwerksprodukte an junge Testkäufer ab.
Während in Baumärkten und bei Diskontern nur 19 Prozent der Kaufversuche ohne korrekten Altersnachweis gelangen, zeigt sich bei den Fachgeschäften ein besorgniserregendes Bild: In 48 Prozent der Fälle verzichteten die Angestellten darauf, sich einen Ausweis zeigen zu lassen. Ähnlich nachlässig sind nur die Onlinehändler, von denen jeder zweite ohne Ausweiskopie oder persönliche Bankverbindung Pyrotechnik verschickt. "An Zigaretten zu gelangen ist schwieriger", so Thann.
"Verzichten Sie ganz darauf"
Um wenigstens dem Risiko vorzubeugen, das von minderwertiger Ware ausgeht, raten die Experten, nur mit dem europäischen CE-Kennzeichen oder der deutschen BAM-Nummer versehene Produkte zu kaufen. Nicht geprüfte Feuerwerksartikel sind häufig aus abenteuerlichen Stoffmischungen gefertigt und mit Gehäuseelementen verschlossen, die zu gefährlichen Geschoßen werden können.
Laut Csengel stammen sie oft aus Asien und werden vor allem im Grenzgebiet von Österreichs östlichen Nachbarländern günstig auf Ständen feilgeboten. Eine noch nachdrücklichere Warnung sprechen die Fachleute nur vor professionellem Feuerwerk aus, das erst nach Ausbildung gezündet werden darf, und vor selbstgebastelten "Superböllern", die aus naheliegenden Gründen nicht nur hochgefährlich, sondern auch verboten sind.
Gefahr geht bei unsachgemäßer Bedienung aber durchwegs auch von geprüften Fabrikaten aus. Pyrotechnische Sätze erzeugen Abbrandtemperaturen von bis zu 2000 Grad Celsius, "daher sind die Gebrauchshinweise, die mögliche Fehlfunktionen bereits berücksichtigen, strikt einzuhalten", sagt Csengel; mit einem persönlichen Appell als Nachsatz: "Viele Unfälle wären vermeidbar. Verzichten Sie am besten ganz auf das private Feuerwerk." (Michael Matzenberger, derStandard.at, 17.12.2013)