Washington - Ein US-Bundesgericht hat das massenhafte Sammeln von Telefondaten des Geheimdienstes NSA in den USA als offensichtlich verfassungswidrig bezeichnet. Die millionenfache Datenüberwachung verstoße gegen den in der Verfassung verankerten Schutz vor unbegründeten Durchsuchungen, urteilte das Gericht am Montag. Eine Klage gegen die Praxis habe "eine erhebliche Wahrscheinlichkeit auf Erfolg", sagte der Richter Richard Leon von Amtsgericht des District of Columbia in der veröffentlichten Entscheidung.

Richter Leon hat einer einstweiligen Verfügung zugestimmt, die den einstweiligen Stopp der Aufzeichnung von Telefondaten von Kläger Larry Klayman und ein Mitkläger vorsieht. Außerdem sollen alle vorhandenen Telefondaten der beiden zerstört werden. Der Richter hat vor dem Vollzug dieser Entscheidung aber einstweilen gestoppt, um der Regierung die Möglichkeit zu geben Einspruch zu erheben. Die Verfahrenspause könnte bis zu sechs Montage dauern, schätzt der Richter.

Ungewohnt scharfe Kritik

Das Gericht kritisierte die millionenfache Überwachung von US-Telefondaten mit ungewöhnlicher Schärfe. Es bezeichnete die Daten-Überwachung als willkürlich. Wörtlich meinte der Richter: "Ich kann mir keine rücksichtslosere und willkürlichere Invasion als diese Speicherung persönlicher Daten von praktisch jedem einzelnen Bürger (...) ohne vorherige richterliche Erlaubnis vorstellen."

Keine Stellungnahme aus dem Weißen Haus

Das Weiße Haus wollte zu dem Richterspruch zunächst nicht Stellung nehmen. Regierungssprecher Jay Carney meinte vor Journalisten, man müsse den Text zunächst prüfen. Das Weiße Haus leht eine von einem NSA-Vertreter ins Spiel gebrachte Amnestie für Edward Snowden ab. "Unsere Position hat sich nicht verändert", sagte Obamas Sprecher Jay Carney.

Snowden will Asyl in Brasilien

Edwards Snowden hat Brasilien Hilfe bei der Aufklärung der Abhöraktivitäten der USA angeboten, sofern er in dem Land Asyl erhält. In einem offenen Brief an die brasilianische Bevölkerung schreibt der ehemalige Mitarbeiter der US-Geheimdienstbehörde NSA, er sei beeindruckt von der starken Kritik Brasiliens an den US-Spähprogrammen.

Fisa-Court entscheidet

Die US-Regierung hat bisher immer wieder betont, das Datensammeln sei zulässig. Zudem bekräftigen Geheimdienste und Regierung immer wieder, das Vorgehen führe zur Ergreifung von Terroristen. Die Überwachung der Telefondaten wird vor dem sogenannten FISA-Gericht verhandelt. Das Gericht tagt an einem gesicherten Ort in Washington DC. Die Urteile sind nicht zwingend öffentlich zugänglich. Das Gericht entscheidet welche Urteile es öffentlich machen möchte.

Obama will Praxis untersuchen

Allerdings hat Präsident Barack Obama eine Untersuchung der Sammel-Praxis angeordnet und mögliche Korrekturen angedeutet. Dabei geht es aber vor allem um die Überwachung und das Datensammeln in den USA. Dies müsse im Einklang mit den Gesetzen stehen. Dagegen hatten die Geheimdienste und Obama deutlich gemacht, im Ausland bestünden solche Einschränkungen nicht.

Nach dem Willen einer von der Regierung eingesetzten Expertenkommission solle die NSA künftig schärferen Beschränkungen und Kontrollen unterzogen werden. Das Gremium legte Obama jüngst entsprechende Vorschläge vor. Zu den Kernpunkten gehört nach Medienberichten, dass das massive Programm zum Sammeln der Telefondaten der US-Bürger weitergehen, aber die NSA die Informationen nicht mehr selbst speichern darf. Das sollen künftig die Telefongesellschaften oder eine andere dritte Partei übernehmen. Obama will im Jänner seine Entscheidung über schärfe Kontrollen bekanntgeben. (red/APA, 16.12.2013)