Es hätte eigentlich ein erfreulicher Abschluss der Tätigkeit der alten und eine Erleichterung der Arbeit der neuen Regierung werden sollen: Als man sich am Sonntagabend mit der Beamtengewerkschaft zusammengesetzt hatte, waren Bundeskanzler und Vizekanzler selber angetreten, um als oberste Dienstgeber einen neuen Gehaltsabschluss mit der Gewerkschaft auszuhandeln. Aber der Karren war schon so verfahren, dass er nicht einmal dadurch wieder flott wurde, dass die Regierungsspitze in die Speichen gegriffen hat.

Dabei haben die neuen alten Koalitionäre durchaus ein kräftig nachgebessertes Angebot mitgebracht: 1,7 Prozent sind deutlich mehr, als man noch zehn Tage davor als das Maximum bekanntgegeben hatte. Dazu kommt: In der Zwischenzeit steht das Koalitionsabkommen - und damit die Grundzüge der nächsten beiden Budgets. Weil die Gehälter der öffentlich Bediensteten einen wesentlichen Einfluss auf die Ausgaben des Bundes (und wegen der gemeinsamen Verhandlungen auch auf die von Ländern und Gemeinden) haben, ist der Spielraum gering. Das ist den Dienstgebern ebenso bewusst wie der Gewerkschaft.

Aber die Gewerkschaft, die der von der Wirtschaftskrise gebeutelten Regierung seinerzeit eine Nulllohnrunde zugestanden hatte, braucht nun einen herzeigbaren Erfolg. Ihr Chef Fritz Neugebauer hätte für SPÖ und ÖVP schon im Frühjahr einen Weg aufgezeigt: Man hätte lange vor der Wahl verhandeln können und hätte damit Planungssicherheit gehabt. Die Koalition traute sich nicht. So verspielte sie die Möglichkeit, in den Koalitionsverhandlungen radikalere Reformpläne für den öffentlichen Dienst anzugehen. Zwar steht im Regierungsprogramm an jeder sich bietenden Stelle, dass man die Verwaltungsabläufe beschleunigen und unnötige Regelungen abschaffen will.

Aber überall dort, wo es konkret werden sollte, wird darauf verwiesen, dass man entsprechende Maßnahmen prüfen und Verwaltungslasten senken will - und dass dafür "Anfang 2014" eine Kommission eingesetzt werden soll. Diese soll sich gleich auch mit dem neuen Beamtendienstrecht befassen, das inzwischen schon mehrere Regierungen als vorläufig unfinanzierbar aufgeschoben haben - denn ein modernes Dienstrecht für den öffentlichen Dienst würde höhere Einstiegsgehälter und niedrigere Spitzengehälter bedeuten, was zwar langfristig Einsparungen bringt, aber kurzfristig Zuschussbedarf hat.

Also liegt das Projekt auf der langen Bank. Und auf diesem Symbolmöbel der Republik liegen auch: die notwendige Aufgabenkritik (muss der Staat all das machen, was er macht?) und die Entflechtung der Verwaltungsstrukturen (muss der Staat all das, was er macht, auch noch doppelt oder gar neunfach machen?). Immerhin haben die Koalitionsverhandler erkannt, dass hier Handlungsbedarf besteht.

Was sie noch nicht erkannt haben: Sie brauchen den politischen Willen zur Neustrukturierung ebenso wie sie die Beamten und Vertragsbediensteten brauchen, die die Reformen dann auch umsetzen müssen. In der Beamtenschaft und in der Gewerkschaft gibt es die Expertise, welche Regelungen man ganz rasch abschaffen kann. Wenn sich die Regierung dazu entschließen könnte, das partnerschaftlich anzugehen, könnte sie sogar so etwas wie ein Reformklima erzeugen.

So aber zeigt sie nur, dass sie nicht einmal pragmatische Lösungen wie einen Gehaltsabschluss schafft. (Conrad Seidl, DER STANDARD, 17.12.2013)