Wer nach dem Mandelabeerdigungsdiplomatiemegadesaster gedacht hatte, das ließe sich nicht mehr toppen, sah sich getäuscht. Ausgerechnet am Freitag, dem 13. - geradezu unheimlich. Wer da auf welche Weise zu ministeriellen Ehren gekommen ist (oder eben auch nicht), war schon staunenswert. Selbst wer mit dem Schlimmsten gerechnet hatte, stand mit offenem Mund da und dachte vielleicht daran, dass in der FPÖ-Zentrale der Sekt im Strömen fließen müsste.

So wie man laut Paul Watzlawick nicht nicht kommunizieren kann, ist es auch unmöglich, eine Regierung zusammenzustellen, ohne damit auch symbolische Zeichen zu setzen. Und zwar solche, die alle sehen: Arbeitnehmer, Unternehmerinnen, Professoren, Wählerinnen - und junge Menschen übrigens auch. Dieser doch zumindest symbolisch viel Bedeutung zugemessenen Gruppe sendet man in diesen Tagen ein überdeutliches Symbol in Sachen Führungskräfteauswahl: Ist es wichtig, dass jemand kompetent und entscheidungsfreudig ist? Oder kommt es viel mehr darauf an, wo jemand herkommt und ob er oder sie sich diszipliniert (ein)fügen kann?

Was glauben die Koalitionäre eigentlich, welche Botschaft sie hier transportieren? Man kann nicht dauernd von Nachhaltigkeit (das Bekenntnis zu ihr zieht sich durch das ganze Regierungsprogramm), Verantwortung und "neuem Regieren" reden - und dann eine Truppe zusammenstellen, bei der einfach alle wissen, dass, wenn es drauf ankommt, Proporz wirklich alles ist und fachliches Profil absolut rein überhaupt gar nichts (auch wenn es natürlich auch in dieser Regierung ausgewiesene Fachleute gibt). Bin ich der Einzige, der bei so etwas heftig an Thomas Bernhard denken muss?

Watzlawick hin, Bernhard her: Das Wissenschaftsministerium ist abgeschafft. Tot. Einfach weg. Verschwunden im Wirtschaftlichen. Das ist eben nicht "nur" symbolisch. Aber was könnte das überhaupt heißen - "nur" symbolisch? Dass das Symbolische am Ende nicht wichtig ist? Dass eine Regierung keine wirklichkeitsverändernden Zeichen damit setzt, wie sie Ministerien zuschneidet und wie sie welche Leute auswählt?

Dass hier nur ein "nachrangiger symbolischer Verlust" (Thomas König) vorliegt und Taten wirklich "stärker als Zeichen und Botschaften" sind (Gerald Bast, beide im Standard vom Wochenende), muss man leider heftig bezweifeln. Wie Bast selbst schreibt: "Politik ist halt nicht zuletzt das Operieren mit signalhaften Botschaften." Dieses Operieren verliert sich aber keinesfalls gleichsam im diskursiven Nichts, das folgenlos bleibt für Entscheidungen über Budgets, Personal und Prioritäten.

Dass etwas (auch) symbolisch ist, heißt also mitnichten, dass etwas ohne sehr reale Konsequenzen bleibt (eine in der Nachhaltigkeitspolitik oft gehörte Klage). Deshalb ist politische Symbolik, wie Bernd Hansjürgens und Gertrude Lübbe-Wolff (in einem Buch über Symbolische Umweltpolitik) schreiben, an sich auch "kein sinnvolles Objekt prinzipieller Beanstandung". Gelingende Symbolisierung ist, so argumentieren sie, gerade eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Politik.

In der Tat: Symbole - das gilt wohl für die meisten Politikfelder - schaffen eine Stimmung, zeigen eine Richtung, bereiten etwas vor. Wenn gelungene Symbole gute Politik ermöglichen können - darf man dann befürchten, dass misslungene Symbole einer schlechten Politik das Feld bereiten? Wofür wird hier ein Feld bereitet, und was wird hier denn vorbereitet?

Nun, Verschwörungstheorien sind immer falsch, und auch sollte man die Rationalität der handelnden Personen gewiss nicht überschätzen. In der Stadt Sigmund Freuds darf man vielleicht darauf hinweisen, dass es allerhöchst unwahrscheinlich ist, dass ausgerechnet auf dem Feld der Politik unerfüllte und unbewusste Wünsche keine Rollen spielen.

Natürlich muss man pragmatischerweise das Beste daraus machen, wenn einem das Wissenschaftsministerium abhandenkommt. Aber vorher darf - muss? - man gegen alle Wahrscheinlichkeiten versuchen, die äußerst unguten Entwicklungen aufzuhalten.

Also, sehr geehrte Herren Faymann und Spindelegger: Bitte setzen Sie ein positives Zeichen - nehmen Sie diese "glatte Fehlentscheidung" (©Günther Platter) zurück. Ja, man kann kaum glauben, dass dieser Wunsch noch Wirklichkeit wird. Aber, mit einem Wort von Léon Blum: "Ich glaube es, weil ich es hoffe." Nicht nur im Fußball stirbt die Hoffnung zuletzt - offensichtlich auch bei der Regierungsbildung ... (Fred Luks, DER STANDARD, 17.12.2013)