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Sinnsucher in der Wüste: der irisch-britische Schauspieler Peter O'Toole in seiner berühmtesten Rolle als "Lawrence von Arabien" im Jahr 1962.

Foto: ap

London - Ob die Berliner Band Ideal einst Peter O'Toole im Sinn hatte, als sie ihre wilde Anhimmelungshymne Blaue Augen dichtete, darf angezweifelt werden. Die blauen Augen waren jedoch das zweifellos phänomenale Markenzeichen des Schauspielers, seit sie 1962 in David Leans monumentalem Breitwandepos Lawrence von Arabien für ein Millionenpublikum den Himmel über der Wüste schauten.

Lawrence von Arabien ist inzwischen nicht mehr ganz zeitgemäß, was die Darstellung kolonialer Vergangenheit angeht, an überwältigender Wirkung hat er trotzdem kaum eingebüßt. Auch sein Hauptdarsteller war und blieb ein Schauspieler alter Schule, ein Sprachartist, ein Draufgänger. Sein Repertoire auf der Bühne und im Kino waren Klassiker, Könige, Abenteurer, erfunden von William Shakespeare (Hamlet, 1963 am National Theatre, Regie: Laurence Olivier) oder Joseph Conrad (Lord Jim, 1965), der Historie entlehnt (A Lion in Winter, 1968) oder dem Mythos (Troja, 2004).

O'Toole, dem der Schalk aus den blauen Augen blitzte, konnte natürlich auch komisch: in Turbulenzen wie What's New, Pussycat? (1965), in sentimentalischeren Zusammenhängen (Goodbye, Mr. Chips, 1969), vor allem aber, wenn er seine eigene Profession auch als Figur ausstellte wie in Ein Draufgänger in New York (1982) als schon etwas verlebter Schauspieler mit dem schönen Merksatz "dying is easy, comedy is hard."

Absichtlich ausschweifend

Loitering With Intent, "Rumlungern mit Vorsatz", betitelte O'Toole seine Autobiografie, die Ende der 1990er-Jahre in zwei Bänden erschien und auch für ihre literarische Qualität gelobt wurde. Er schilderte darin seine Kindheit als 1932 geborener Sohn eines irischen Buchmachers sowie seine Lehrjahre als Schauspieler, 1952 bis 1954 an der Royal Academy of Dramatic Arts in London.

Nach seinem Abschluss startete O'Toole zunächst eine vielversprechende Karriere als Bühnendarsteller. Der Lawrence katapultierte den bereits Dreißigjährigen umgehend in den Superstarstatus - mit einschlägigen Nebenwirkungen. In den 70er-Jahren schlug sich O'Tooles herzhaft ausschweifender Lebensstil - den er gern in bester Gesellschaft der Kollegen Richard Burton, Richard Harris und Oliver Reed pflegte - in Form erster gravierender Erkrankungen nieder. Auch seine Ehe hielt den Exzessen nicht stand: Die walisische Schauspielerin Sian Phillips ließ sich 1979 nach zwanzig Jahren scheiden. Aus der Verbindung stammen die Töchter Kate und Patricia. Mit seiner Lebensgefährtin Karen Brown hat O' Toole Sohn Lorcan.

2003 nahm O'Toole, bis dahin siebenfacher Oscarkandidat, der die Trophäe jedoch nie erhalten hatte ("always a bridesmaid, never a bride"), den Preis fürs Lebenswerk entgegen. Berufstätig war er noch immer, Der letzte Vorhang nur der Titel eines weiteren Films. Selbst eine achte Oscar-Nominierung folgte noch 2006 für Venus.

Eine von O'Tooles späten Glanzleistungen war ganz auf sein sprachliches Ausdrucksvermögen aufgebaut: Im Animationsfilm Ratatouille (2007) lieh er seine sanft tremolierende Stimme dem biestigen Restaurantkritiker Anton Ego, der sich vom Geschmack seiner Kindheit verführen lässt. Am Sonntag ist Peter O'Toole im Alter von 81 Jahren nach längerer Krankheit in einem Londoner Spital gestorben. (Isabella Reicher, DER STANDARD, 17.12.2013)