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Für die Zukunft wenig optimistische Graffiti in Dublin. 

Foto: Reuters

Wien - Zum Abschluss wurde der ansonsten spröde Michael Noonan theatralisch. Die Finanzblase habe Irland in die schlimmste Krise seit der Großen Hungersnot im 19. Jahrhundert gestürzt, sagte der irische Finanzminister zu Journalisten in Dublin. Auch wenn der Vergleich hinkt - bei der Hungersnot starben nach Schätzungen mehr als eine Million Menschen -, waren die vergangenen fünf Jahre für Irland äußerst hart. Milliardenschwere Bankenrettungen, eine Rezession und ein Dauersparprogramm ließen Irland vom "keltischen Tiger" zum Eurokrisenland verkommen.

Am Sonntag begann in der Dubliner Krisenzeitrechnung eine neue Epoche: Irland konnte am Wochenende den Eurorettungsschirm als erstes Land verlassen. Im Dezember 2010 erhielt der Staat von den Euroländern und dem Währungsfonds einen Hilfskredit über 67,5 Milliarden Euro. Am Freitag erfolgte die letzte Auszahlung, der Staat finanziert sich wieder allein über die Märkte.

Erfolg

Der Schritt ist zunächst ein Erfolg für die Eurozone. Nun ist bewiesen, dass gerettete Länder in der Lage sein können, ihre finanzielle Unabhängigkeit wiederzuerlangen - ein wichtiges Zeichen für Griechenland, Portugal und Zypern, die weiter am Notfalltropf hängen. Irland kommt derzeit sogar recht günstig zu Krediten. Investoren vertrauen der Regierung in Dublin, die sämtliche Reformauflagen in den vergangenen drei Jahren fristgerecht umgesetzt hat. Aber sogar für größere Erschütterungen wurde vorgesorgt, das irische Finanzministerium hat sich eine Cash-Reserve in Höhe von 20 Milliarden Euro aufgebaut.

Also Ende gut, alles gut? Mitnichten. Die irische Immobilienblase hat Narben hinterlassen: Nachdem vor Krisenausbruch nahezu Vollbeschäftigung herrschte, sind derzeit 12,6 Prozent der Iren arbeitslos. Als Folge der teuren Bankenrettungspakte hat sich die Verschuldung auf 124 Prozent der Wirtschaftsleistung nahezu verfünffacht, so viel wie kaum in einem anderen Euroland.

Die Probleme verkompliziert hat, dass Dublin seit 2008 einen strikten Sparkurs fährt. So wurde die Mehrwertsteuer erhöht, Sozialleistungen wurden gestrichen und Pensionen gekürzt. Als Folge der Kürzungen und der hohen Arbeitslosigkeit nahm die Armut zu. Laut Statistikbehörde Eurostat gelten fast 30 Prozent der Iren als armutsgefährdet, in Österreich sind es 17 Prozent. Zudem ist die Inlandsnachfrage eingebrochen: Mit einer Ausnahme 2010 ist der Inlandskonsum seit fünf Jahren rückläufig. Zuletzt geriet auch die Exportindustrie unter Druck: Der Absatz in Europa ist krisenbedingt schwach, hinzu kommt, dass die irische Pharmaindustrie wegen auslaufender Patente unter der billigeren Konkurrenz leidet. Der Mix aus schwacher Inlandsnachfrage und stagnierenden Exporten sorgt dafür, dass die irische Wirtschaft 2013 stagniert und erst 2014 wieder stärker wachsen soll.

Weil auch die Neuverschuldung weiter hoch ist, kündigte Finanzminister Noonan an, dass der Staat noch bis 2015 sparen werde. (András Szigetvari, DER STANDARD, 16.12.2013)