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Kraetschmer über den Greenpeace-Protest: "Da wurden an neuralgischen Punkten entwendete oder gefälschte Überzieherleiberln für Ordner benutzt."

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Wien - Der Fußball, zumal der professionell betriebene, ist niemals Quell reinster Freude. Markus Kraetschmer hätte nach dem Abschied der Austria aus der Champions League, am Tag der Klubweihnachtsfeier, ein weniger besinnliches Lied davon singen können. Anstatt nur Geld zu zählen und sich unter dem festlich geschmückten Baum im Glanz des bisher höchsten Sieges einer österreichischen Mannschaft in der Königsklasse zu sonnen, musste der Wirtschaftsvorstand der Veilchen Polizeiberichte studieren, über mögliche Organisationsfehler nachdenken und harte Sanktionen des europäischen Verbandes Uefa befürchten.

Einerseits wegen einer als Cheerleader verkleideten Gruppe, die im Innenraum des Happel-Stadions gegen die von Zenit- und Bewerbssponsor Gasprom geplante Förderung von Erdöl in der Arktis protestierte. "Da wurden an neuralgischen Punkten entwendete oder gefälschte Überzieherleiberln für Ordner benutzt. Und eine fehlgeleitete Uefa-Akkreditierung dürfte es auch gegeben haben. Das muss man schnell klären, das ist potenziell sehr gefährlich", sagte Kraetschmer, dem ein "Bekennerschreiben" von Greenpeace vorliegt. Der Verein könnte sich im Fall einer Uefa-Sanktion an der Organisation schadlos halten, auch wenn Kraetschmer in diesem Zusammenhang "ohne präjudizieren zu wollen" eine "salomonische Entscheidung" des FC Basel erwähnte. Der Schweizer Champion hatte im Oktober, nach einer Uefa-Strafe von 30.000 Euro infolge einer spektakulären Aktion während eines Spiels gegen Schalke im St.-Jakob-Park, von Regressforderungen abgesehen und Greenpeace lediglich zu einer namhaften Spende an ein rumänisches Kinderheim überredet.

Gutheißen kann die Austria den Protest schlecht. Schließlich zahlt Gasprom nicht wenig in jenen Topf ein, aus dem die Wiener, ihre kühnsten Erwartungen übertreffend, mehr als 15 Millionen Euro an Gesamteinahmen aus dem Engagement in der Champions League lukrieren.

Die Aktivisten von Greenpeace konnten das Stadion übrigens ungehindert und ohne Angaben zu den Personen verlassen, weil alle Aufmerksamkeit den Tumulten im und um den Sektor des Zenit-Anhangs galt. Dass einige russische Hooligans jede Menge pyrotechnischer Gegenstände ins Stadion schmuggeln konnten, dürfte die Austria wirklich teuer zu stehen kommen, obwohl die Gastgeber beim obligaten Debriefing der Uefa nach Kraetschmers Dafürhalten sehr positiv weggekommen sind. "Es ist der Uefa schon klar, dass solche Dinge trotz bester Sicherheitsmaßnahmen und genauester Kontrollen nicht ganz zu verhindern sind." Es habe im Vorfeld zudem keine Hinweise auf einen derart massiven Auftritt von Zenit-Hooligans gegeben.

Beim Polizeieinsatz wurden sechs Personen verletzt, sieben Randalierer wurden festgenommen, 21 Anzeigen erstattet. Wesentlich schwerer als der materielle Schaden - Sitze und sanitäre Anlagen wurden demoliert - wiegt für Kraetschmer, dass hunderte Unbeteiligte, in deren Sitzreihen Böller landeten, in Panik versetzt wurden. "Wir prüfen, wie wir uns bei den Betroffenen entschuldigen können." Ein gewisser Trost mag schon die Leistung der Spieler gewesen sein. Diesbezüglich und auch eingedenk des Aufstiegs der U19 ins Sechzehntelfinale der Youth League war für Kraetschmer der 11. Dezember ein historischer Tag. "Aber ich bin über jeden Tag froh, den wir in diesem Bewerb genießen durften."

Dass möglicherweise auch wegen der Champions League die Titelverteidigung misslingen dürfte, sei als Preis zu akzeptieren. "Wir waren uns der doppelten Herausforderung bewusst. Und es ist ein Lernprozess, wie ihn zum Beispiel auch Dortmund durchzumachen hatte."

Kraetschmer hofft auf positive Erledigung des restlichen Jahresprogramms - am Sonntag in Salzburg und am folgenden Mittwoch in der Generali Arena gegen Ried - und stellt sich "auf eine turbulente Transferperiode im Jänner 2014 ein". Er, Coach Nenad Bjelica und Sportvorstand Thomas Parits seien sich in Grundzügen über die Personalplanung einig, "aber man muss abwarten, wohin sich einige unserer Spieler orientieren." Ausdrücklich nannte er Heinz Lindner und Philipp Hosiner. Rubin Okotie, der Coach Bjelica kritisierte und daraufhin aus dem Kader flog, schrieb der Manager, schon weihnachtlich gestimmt, nicht ausdrücklich ab. (Sigi Lützow; DER STANDARD; 12.12.2013)