Vielleicht sollte man Sebastian Kurz eine Biografie des Briten William Pitt des Jüngeren schenken. Der wurde mit 24 Premierminister. Ist zwar eine Zeit her (1782), doch das jugendliche Alter hinderte ihn nicht, ein recht bedeutender Staatsmann zu werden (unter anderem setzte er sich erfolgreich für die Ächtung und Bekämpfung des Sklavenhandels ein).

Mindestens so interessant wie die Frage, wer was in der neuen Regierung wird, ist aber die, wer aus welchen Gründen nichts wird. Beziehungsweise wer nichts werden wollte. Wie immer bei Regierungsbildungen werden Namen von relativ Unbekannten genannt. Da und dort aufstrebende jüngere Leute, neue Gesichter aus den Bundesländern - aber die sagen in unterschiedlicher Deutlichkeit: Ich? Nach Wien? In die "große Politik"? Nein, danke, mir geht's hier sehr gut.

Das Motiv ist meist dasselbe: Ein österreichischer Minister kann heute kaum mehr etwas gestalten. Er wird blockiert von vorne bis hinten. Vom Koalitionspartner, von den beinharten Interessengruppen, die sich inzwischen praktisch den Staat unter den Nagel gerissen haben. Er wird sekkiert von den Krawallzeitungen, die die Hand beißen, die sie mit Inseraten füttert. Dazu keine Freizeit, kein Privatleben, Leerlauf bei vollem Terminkalender. Wer mit einigem Talent will sich das noch antun?

Wenn man eine Ursache für die Verflachung der Politik suchen will - hier ist sie. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 13.12.2013)