Um die Wette gelächelt, wenig gesagt: Der künftige Finanzminister und Vizekanzler Michael Spindelegger und Bundeskanzler Werner Faymann verkünden ihre Einigung.

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Wien - Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger gaben am Donnerstag die Einigung auf einen neuen rot-schwarzen Regierungspakt bekannt. Dem STANDARD liegt das Regierungsprogramm vor (siehe Download). Die Details:

Der Aufnahmestopp im öffentlichen Dienst wird verlängert, nur die Hälfte der Pensionsabgänge in der Verwaltung wird nicht nachbesetzt. Damit sollen laut einer koalitionären Expertengruppe 4844 Stellen eingespart werden, was 256 Millionen bringen würde.

Eine Neuerung kommt in der Familienpolitik: Das pauschale Kinderbetreuungsgeld wird zu einem flexibel nutzbaren Kinderbetreuungsgeld-Konto weiterentwickelt. Eine Expertengruppe unter Einbeziehung der Sozialpartner wird beauftragt, einen Wegfall der Zuverdienstgrenze und die Einführung einer Arbeitszeitgrenze zu beraten.

Bis 2016 soll durch einen strengen Sparkurs ein strukturelles Nulldefizit erreicht, bis 2018 das faktische Pensionsantrittsalter um 1,6 Jahre gesteigert werden. Faymann und Spindelegger kündigten auch Einsparungsmaßnahmen durch eine schlankere Verwaltung und die Beseitigung von Doppelförderungen an. Auf der Einnahmenseite stehen unter anderem eine Erhöhung der Alkoholsteuer um 20 Prozent und die Erhöhung der Sektsteuer um einen Euro pro Liter. Außerdem werden Rauchen und Autofahren teurer.

In dem Regierungsübereinkommen ist auch eine Steuerreform vorgesehen, der Eingangssteuersatz bei der Einkommensteuer soll auf 25 Prozent gesenkt werden.

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Budget: Sparen sofort, Steuern senken später

Gegen Ende des Koalitionspakts, auf Seite 104, steht ein Satz, der vieles davor relativiert. Sämtliche noch nicht bedeckte Maßnahmen, heißt es da, "stehen unter Finanzierungsvorbehalt". Das heißt: Ist das bis 2016 angepeilte strukturelle Nulldefizit gefährdet, könnte so manche Idee wieder verworfen werden.

Konkrete Beträge, die pro Jahr konsolidiert werden sollen, finden sich im Pakt nicht. Dem Vernehmen nach rechnet die Koalition mit 2,2 Milliarden im nächsten Jahr, in der Folge soll das Volumen auf etwa drei (2015) und 3,5 Milliarden wachsen. Die Schuldenquote soll von derzeit 77,4 Prozent auf 72 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sinken.

Hereingespielt werden soll das fehlende Geld durch einen im Groben ausgewogenen Mix aus Sparen und Steuern.

Einsparungen gegenüber der bisher prognostizierten Ausgaben sollen Eingriffe bei den Pensionen bringen. Leiser treten sollen die Staatsorgane selbst, indem die Ermessensausgaben aller Gebietskörperschaften bis 2018 um fünf Prozent beschnitten werden. Nicht fehlen dürfen Bekenntnisse zur Verwaltungsreform: Die Kosten sollen mit einer Obergrenze gedeckelt werden, sagt Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP), der Wildwuchs an Subventionen per Förderpyramide durchforstet werden.

Die Regierung hat auch vor, den Aufnahmestopp im öffentlichen Dienst zu verlängern, was sie aber viel undeutlicher ausspricht als ursprünglich geplant. Im am Mittwoch fertiggestellten Papier der koalitionären Finanzverhandler stand noch klipp und klar, dass von 2015 bis 2018 die Hälfte der Pensionsabgänge in der Verwaltung nicht nachbesetzt werde; insgesamt wurde eine Personalreduktion um 4844 Bedienstete gegenüber dem Stand von 2012 (135.000 Stellen) ausgewiesen, wobei heikle Gruppen wie Polizei, Justiz und Finanzbeamte ausgenommen waren. Diese Zahl findet sich im Arbeitsprogramm, dass am Donnerstagnachmittag in den Koalitionsparteien verteilt wurde, nicht mehr. Stattdessen ist nur zu lesen, dass unter "Berücksichtigung ressortspezifischer Notwendigkeiten (...) ein restriktiver Einsparungspfad" ausgearbeitet werde.

Steuererhöhungen gibt es in großer Bandbreite: von "Public Bads" wie Tabak und Alkohol bis zu Unternehmerabgaben.

Trotz Sparkurses sind auch neue Ausgaben geplant. Was die Regierung wegen der Budgetlücke bereits abgesagt hatte, will sie nun doch umsetzen: Die Familienbeihilfe soll erhöht werden, und zwar nach jenem Modell, das die Koalitionäre vor der Wahl vorgestellt hatten. Für die Empfänger bedeutet das eine Erhöhung von vier bis zehn Prozent, für den Staat Zusatzkosten von 207 Millionen pro Jahr. Die Erhöhung soll nicht sofort, sondern ab Juli 2014 einsetzen.

Außerdem schreibt die Regierung - wie bereits bekannt war - spezielle Investitionen fest: Darunter zusätzliche 400 Millionen für die schulische Tagesbetreuung, 350 Millionen für die Kinderbetreuung, 700 Millionen für die Verlängerung des Pflegefonds auf die Jahre 2017 und 2018. Apropos: À la longue solle für die Finanzierung der Pflege nicht mehr auf das Vermögen der Betroffenen zugegriffen werden, heißt es im Pakt - aber eben nur, wenn der Einnahmenentgang anderwertig kompensiert werden könne.

Finanziell umstritten war eine Lieblingsidee von Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl, der Handwerkerbonus. Letztlich hat der VP-Verhandler erfolgreich insistiert: Handwerkerkosten sollen bis 6000 Euro von der Steuer absetzbar werden. Durchgesetzt haben sich die Arbeitnehmervertreter auch in einer anderen Streitfrage. Die von der SPÖ geforderte Überstundenabgabe flog wieder aus dem Koalitionspakt.

Was im Gegenzug die Gewerkschaft durchgesetzt hat: In All-in-Verträgen muss künftig der Grundlohn ausgewiesen werden.

Grundsätzlich einigten sich Rot und Schwarz auf eine Steuerreform, die eine Senkung der Einkommenssteuer bringen soll. Generalziel laut Abkommen: "Der Eingangssteuersatz soll - unter gleichzeitiger Abflachung der Progression - in Richtung 25 Prozent gesenkt werden, sobald eine (...) Gegenfinanzierung oder budgetäre Spielräume gegeben sind."

Die Passage mit der "Gegenfinanzierung" hätte die SPÖ gerne mit einem Hinweis auf eine Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungssteuer ergänzt, konnte sich damit aber nicht durchsetzen. Auch die ÖVP gab nach: Vom Ziel, einen Freibetrag für Familien festzuschreiben, blieb nur ein vager Hinweis auf eine besondere Berücksichtigung dieser Zielgruppe.

Was die Steuerreform noch bringen soll: eine Vereinfachung des Systems, Harmonisierung der Bemessungsgrundlagen mit jenen der Sozialversicherung sowie die Überprüfung der Steuerausnahmen. Ausgebaut werden soll die Mitarbeiter-Kapitalbeteiligung, indem der Freibetrag von 1460 auf 3000 Euro angehoben wird.

Bereits kommenden Jänner soll das Finanzministerium eine Arbeitsgruppe - Sozialpartner, Experten, Politiker - einrichten, die bis Jahresende einen "Reformpfad" vorzulegen hat. Bis Ende 2015 soll die Reform in ein Gesetz gegossen werden. Wann eine etwaige Entlastung in Kraft treten wird, haben SPÖ und ÖVP nicht konkret festgeschrieben, ein Gedanke liegt aber nahe: falls überhaupt, dann vor der Wahl 2018.

 

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Steuern: Mit Rot-Schwarz ist nicht gut schnapsen

Alkoholsteuer steigt um ein Fünftel - Belastungen bei NoVA, Dienstauto, Sekt

Die Regierung verzichtet zwar auf eine Anhebung von Massenabgaben wie Lohn- oder Mehrwertsteuer, langt aber in einigen Bereichen kräftig zu. Vor allem Tabakwaren und alkoholische Getränke werden künftig deutlich stärker belastet. Auch Autofahren wird teurer, das teure Dienstauto weniger attraktiv. Hier die Maßnahmen aus dem Regierungsprogramm im Detail:

  • Alkohol Die Alkoholsteuer steigt von zehn Euro je Liter auf zwölf Euro (dabei wird nur der Alkoholanteil des Getränks besteuert), das dürfte rund 25 Millionen Euro bringen. Die Schaumweinsteuer wird wieder eingeführt und beträgt einen Euro je Liter, was einen ähnlich hohen Einnahmeneffekt auslöst.
  • Auto Unter dem Stichwort "Ökologisierung" werden bei der Normverbrauchsabgabe und bei der Kfz-Steuer Mehreinnahmen generiert. Bei der nur beim Kauf eines Autos anfallenden NoVa soll es zudem zu einer Vereinfachung des Systems kommen, heißt es im Koalitionspapier. Ökologisiert werden auch die motorbezogene Versicherungssteuer und die Kfz-Steuer. Bei beiden Abgaben soll über ein Stufensystem erreicht werden, dass Autos mit höherer Motorisierung stärker belastet werden.
  • Dienstautos Stellt der Arbeitgeber ein Fahrzeug zur Verfügung, das auch privat genutzt wird, ist das als Sachbezug zu versteuern. Allerdings gibt es jetzt schon eine Obergrenze für Luxusautos (Anschaffungswert von mehr als 40.000 Euro), die bei 600 Euro liegt. Dieser "Deckel" wird auf 720 Euro angehoben.
  • Rauchen Die Tabaksteuer soll in drei Etappen um insgesamt 45 Cent erhöht werden, was bis zu 300 Millionen Euro bringen könnte. Der Fiskus rechnet nicht mit einem drastischen Anstieg des Schmuggels, der die Budgetplanung durcheinanderbringen könnte.
  • Solidarbeitrag Die Befristung des Solidarbeitrags für Besserverdiener wird aufgehoben. Die Maßnahme war erst heuer für Bezüge ab 186.000 Euro Jahresbrutto (Arbeitnehmer) bzw. 175.000 Euro (Unternehmer) eingeführt worden und mit 2016 befristet. Laut Regierungskreisen konnte die SPÖ die Aufhebung der Befristung gegen den Widerstand der ÖVP durchsetzen.
  • Konzernsteuer In diesem Bereich kommen einige Korrekturen. Bei der Gruppenbesteuerung können Verluste nur noch zu 75 Prozent angerechnet werden. Außerdem gibt es nach entsprechender Rechnungshofkritik eine Beschränkung der Länder, in denen Töchter österreichischer Konzerne Verluste geltend machen können. Das sind künftig nur noch Mitglieder des Europäischen Wirtschaftsraums und Staaten, mit denen es ein umfassendes Amtshilfeabkommen gibt.
  • Manager Bezüge ab 500.000 Euro können vom Betrieb nicht mehr steuerlich angerechnet werden.
  • Gesellschaftssteuer Sie beträgt ein Prozent, fällt beim Erwerb von Aktien oder Gesellschaftsanteilen oder Kapitalerhöhungen an. Sie gilt als eigenkapitalfeindlich und wird abgeschafft.

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Pensionen: Regierung sucht den Meilenstein

Anreize, Strafen, Monitoring sollen Antrittsalter heben

Der Kanzler spricht von einer beispiellosen Anstrengung: Um 1,6 Jahre soll das tatsächliche Pensionsantrittsalter bis 2018 steigen. Bisher seien 0,4 Jahre der höchste Anstieg gewesen, sagt Werner Faymann. Die wichtigsten Eingriffe, um dieses Ziel zu erreichen im Überblick:

Bonus-Malus-System Anhand von durchschnittlichen Branchenwerten soll berechnet werden, welche Firmen (ab 25 Mitarbeitern) viele Menschen über 55 Jahren anstellen und welche nicht - dementsprechend soll es ab 2017 finanzielle Belohnungen und Strafen setzen. Die Details sollen die Sozialpartner aushandeln, doch wirklich hart dürfte das System nicht werden. Als Volumen für die Strafen sind maximal 45 Millionen vorgesehen.

Teilpension Statt ab 62 ganz in die Frühpension abzurauschen, können Arbeitnehmer eine Zwischenlösung in Anspruch nehmen. Arbeitszeit und Einkommen müssen um mindestens 30 Prozent reduziert werden, zur Ergänzung gibt's die Teilpension.

Prämien Wer über das gesetzliche Pensionsalter hinaus - 65 Jahre bei Männern, 60 bei Frauen - im Job bleibt, wird stärker belohnt als bisher: Der Zuschlag zur künftigen Pension steigt von 4,2 auf 5,1 Prozent. Arbeitgebern winkt ein Bonus, wenn sie Arbeitslose über 50 Jahre einstellen.

Monitoring Stand schon im alten Koalitionspakt, soll nun aber halbjährlich in strenger Form stattfinden: Steigen Antrittsalter und Beschäftigungsquote bei den Älteren bis Ende 2015 nicht wie erwünscht, sollen "verbindliche Maßnahmen" Pflicht sein. Bis zuletzt urgierte die ÖVP, solche konkret festzuschreiben, etwa eine Pensionsautomatik. Letztlich wurden mögliche Eingriffe genannt, von denen es manche aber in sich hätten. So wird an einen "Solidarbeitrag" bei der Pensionsberechnung gedacht - nichts anderes als eine Leistungskürzung.

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Post für die Teilprivatisierer

Einfach wird das von der Neokoalition angestrebte Teilprivatisieren nur bei der Telekom Austria (TA). Die zu einer "Standortholding" auszubauende Verstaatlichtenholding ÖIAG braucht bei der geplanten Kapitalerhöhung nur nichts zu tun - und sie erspart sich 70 bis 140 Millionen Euro. Bekommt A1 wunschgemäß grünes Licht für eine halbe Milliarde Frischgeld, fällt die ÖIAG automatisch von 28,42 Prozent auf eine Sperrminorität (25 Prozent plus eine Aktie) zurück.

Je höher die Kapitalerhöhung (die TA hätte gern eine Milliarde), desto heikler wäre das Nichtstun, weil Großaktionär América Móvil (23,7 Prozent) automatisch tonangebender Primus wird. Die Mexikaner kontrollieren bereits 23,7 Prozent, inoffiziell sogar mehr.

Ehe man OMV (31,4 Prozent) und Post (52,8 Prozent) angreift, soll das ÖIAG-Gesetz geändert werden. Der bisher von Industriellen dominierte und aus ihrem Dunstkreis "selbsterneuerte" Aufsichtsrat soll von zehn auf zwölf Kapitalvertreter vergrößert werden. Wie der "fit & proper"-Test aussehen soll, den die Aufseher gemäß Koalitionspapier zu absolvieren haben, steht ebenso wenig fest wie "Wertsteigerung und Weiterentwicklung", die die ÖIAG erfahren soll. Der Verbund bleibt in der Wartehalle vor der ÖIAG.

Wieder weit entfernt von Entstaatlichung ist laut Verhandlern die OMV. Sie will man im Zuge einer ÖIAG-Abschmelzung nicht dem Partner Ipic aus Abu Dhabi (24,9 Prozent) überlassen. Wie überhaupt die von ÖVPlern "als Errungenschaft" zelebrierte taxative Auflistung von Privatisierungskandidaten in den Pakt keinen Eingang fand. Die Uneinigkeit wird freilich vom volatilen Börsenumfeld elegant zugedeckt. Einzig die mehrheitlich staatliche Post hat Chancen auf Teilverkauf.

Das wohl heißeste Eisen, die ÖBB, kommt eher nicht in die ÖIAG, geht im Güterverkehr aber auf Partnersuche. Ein Partner soll offenbar die bitter nötige Kapitalerhöhung einbringen.

Nicht angerührt wird, was am meisten Geld brächte: Privatisierungen der Landesbeteiligungen wie Energieversorger oder Flughafen Wien. Eigene Dividenden- und Postenbesetzungshoheit hat für die Länderchefs ja doch Vorrang.

 

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Mehr Demokratie, weniger Geheimnisse

Neue Periode bringt einen Schritt in Richtung Direktmandat, Bundesrat bleibt zahnlos

Umfassend reformiert werden Staat und Demokratie wohl auch in den nächsten fünf Jahren nicht werden - ein paar Neuerungen kann die zuständige Arbeitsgruppe aber schlussendlich doch verbuchen. Der vermutlich folgenreichste Punkt ist eine nun geplante Aufwertung der Vorzugsstimmen und somit ein Schritt in Richtung Direktmandat. Für eine Vorreihung auf Bundes- und Landesparteiliste sind künftig nur noch fünf statt bisher sieben und zehn Prozent der Stimmen nötig und neun Prozent in den Regionalwahlkreisen.

"Die Parteireihung wird einfach umgestoßen werden können, was zu einem stärkeren Wettbewerb führt", sagt Andreas Khol, schwarzer Part des Verhandlerduos. Darüber hinaus sollen die Kandidaten für Vorzugsstimmen künftig namentlich am Stimmzettel aufscheinen und dadurch die Wahl erleichtert werden.

Beschlossen ist nach langer Diskussion nun auch die ersatzlose Abschaffung des Amtsgeheimnisses. Stattdessen soll eine Informationspflicht verfassungsrechtlich verankert werden - die Opposition hat bereits ihre Zustimmung angekündigt und sichert dadurch die notwendige Zweidrittelmehrheit im Nationalrat.

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Verwaltung: Raschere Amtsverluste

Der dritte Punkt ist eine Verschärfung der Regeln für Amts- und Mandatsverluste: Wer zu mindestens sechs Monaten unbedingter Haft verurteilt wird, scheidet künftig ausnahmslos aus. Einsparungen in der Verwaltung erhofft man sich durch ein neu geschaffenes Amt der Bundesregierung, das etwa Personalsteuerung und Lohnverrechnung zentral übernehmen wird - das Sparpotenzial ist davon abhängig, wie viel den Ministerien schlussendlich abgerungen werden kann.

Das Thema direkte Demokratie wurde hingegen ausgelagert. Khol und sein Gegenüber, der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ), haben sich auf den Einsatz einer Kommission geeinigt, die sich aus Vertretern von Parteien, Bürgerinitiativen und Experten zusammensetzt. Ein Reformbeschluss wird aber frühestens 2015 erwartet.

Noch während der Verhandlungen waren Vorschläge der koalitionären Arbeitsgruppe mehrfach kritisiert worden. Die Idee von Niessl, dass der Bundesrat direkt gewählt werden könnte, sei deshalb inzwischen "eigentlich eh nie ernsthaft" überlegt worden. Dass sich die zweite Kammer künftig aus Landtagsabgeordneten zusammensetzt, ist am heftigen Widerstand der Länder gescheitert - die weiterhin ihre eigens bezahlten Funktionäre in Wien sitzen haben wollen. Zu einer Aufwertung des zahnlosen Bundesrats wird es in naher Zukunft wohl nicht kommen.

Der Einsatz von U-Ausschüssen als Minderheitenrecht sei nicht Teil der Verhandlungen gewesen - und ist somit vorerst vom Tisch.

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Leistbares Wohnen: "Festgeschriebenes Weiterwursteln"

Als Larifari-Papier bezeichnen Experten das von der Koalition ausverhandelte Papier zum Thema "leistbares Wohnen". "Es wurden alle Punkte herausgenommen, die bei den Parteien anecken, es ist das festgeschriebene Weiterwursteln", sagen Experten.

Kommen wird voraussichtlich in abgeschwächter Form die Zweckbindung der Wohnbauförderung, fix zugewiesen wird der Anteil, den der Bund über den Beitrag auf Löhne und Gehälter einnimmt. Das sind etwa 1,7 Mrd. Euro im Jahr. Die Deckelung der Zuschläge (für Lage oder Ausstattung) kommt ebenso wenig wie die Beschränkung der Maklerprovision. Gewünscht wird "die Reform des Mietrechts mit den Zielen größtmögliche Vereinheitlichung, bessere Verständlichkeit, transparente gesetzliche Ausgestaltung und Leistbarkeit der Mieten". Oder die "Modernisierung des Baurechts samt Überprüfung der abgabenrechtlichen Attraktivität. Die Reform des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes durch Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für den gemeinnützigen Wohnbau".

Dann geht es um die "Schaffung von Sanierungsanreizen insbesondere durch: Erweiterung des Sanierungsschecks um die Kategorie seniorengerechtes/barrierefreies Wohnen". Getrennte Förderungsmöglichkeit für thermische Sanierung und altersgerechte Sanierung. Fokus insbesondere auf mehrgeschossigen Wohnbau; praxisgerechte Lösung im Zusammenhang mit dem Einstimmigkeitserfordernis der Mieter."

"Eine pragmatische Überprüfung der Auflagen" (z. B. Stellplatzverpflichtung, Notkamine) wird empfohlen.

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Medien-Millionen

ORF und Presse hoffen auf höhere Förderungen

Sehr allgemein und vage: So beschreiben Menschen mit Einblick in die letzten Verhandlungen, was die neue alte Koalition über Medien in ihr Arbeitsübereinkommen schrieb.

Fast zeitgleich mit dem Auftritt von Werner Faymann und Michael Spindelegger im Kanzleramt beschloss der politisch besetzte Stiftungsrat des ORF Donnerstag dessen Budget 2014 einstimmig. Ohne 30 bis 50 Millionen, mit denen die Republik dem ORF bis 2013 Gebührenbefreiungen abgegolten hat. Bekommt er die doch weiter, dann könnte er mehr Filme und Serien produzieren, auch innovative Formate zur EU-Wahl, mehr Programm barrierefrei anbieten und mehr Randsport zeigen. So begründet der ORF seine Millionenhoffnung.

Die Zeitungen wiederum fordern statt bisher knapp elf künftig 50 Millionen Euro Presseförderung. Nicht zuletzt, um den Medienwandel zum Digitalen zu bewältigen.

Ob und wie viel beide tatsächlich erhalten - da pendelten Vermutungen und Einschätzungen noch weit zwischen nichts und "einigen Millionen", meist jedenfalls ähnlich vielen für beide. Auch Privatsender, kommerzielle wie nicht kommerzielle, verlangten höhere Förderungen.

In der bisher restriktiven ÖVP soll der bürgerliche Betriebs- und Stiftungsrat Robert Ziegler intensiv für möglichst freien Zugang des ORF zu Social Media geworben haben.

Rasch zu reparieren hätte die Medienpolitik die Regeln für ORF-Gremien: Das Verfassungsgericht hob die Faxwahl von sechs der 35 Publikumsräte auf. Am 7. April soll sich das Gremium neu konstituieren, am 24. April der gewichtigere Stiftungsrat des ORF. Ohne Gesetzesänderung könnte die SPÖ auf eine noch etwas deutlichere Mehrheit kommen. Änderungen an ORF-Gremien wiederum bieten die Gelegenheit, auch das Management zu ändern. 

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Mehr Stunden für Volksschulen

Die Regierung konzentriert sich auf die Volksschulen und setzt beim Thema Bildung auf eine „gemeinsame Schuleingangsphase" . Für Ganztagsschulklassen soll es künftig niedrigere Hürden geben.

Drinnen verhandelten SPÖ und ÖVP den nächsten Fünfjahresplan, draußen platschten Eier gegen das Kanzleramt, Orangen kullerten am Ballhausplatz herum, verwaiste Schuhe blieben zurück und sonstiges Zeug: An die 11.200 Schüler sind laut Polizeiangaben am Donnerstag in Wien, Linz, Salzburg, Innsbruck, Dornbirn und Klagenfurt auf die Straße gegangen und haben laut- und materialstark gegen die Zentralmatura protestiert.  Die ist im dem STANDARD vorliegenden Koalitionsprogramm kein Thema.  Vielmehr soll es künftig mehr „echte" Ganztagsschulangebote geben. An jedem Schulstandort soll demnach mindestens eine Klasse pro Schulstufe in verschränkter Form angeboten werden, wenn zwölf bis 15 Kinder bzw. deren Eltern das fordern – bis jetzt mussten dafür zwei Drittel der Lehrer und der Eltern zustimmen.

Geplant ist auch ein zweites Gratiskindergartenjahr. VerpflicHtend soll es allerding nur dann sein, wenn festgestellt wird, dass das Kindergartenangebot inklusive Fördermaßnahmen von Kindern mit Sprach- und Entwicklungsdefiziten nicht genutzt wird. Hier hat sich die ÖVP durchgesetzt, das kostenlose zweite Kindergarten für Kinder mit Sprachdefizit war immer ein Wunsch von Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz.  In den Kindergartenausbau sollen 350 Millionen Euro investiert werden, und für den Ganztagsschulausbau sind bis 2018 400 Millionen verplant – das allerdings hat die alte neue Regierung schon im Mai 2012 angekündigt. Am Schulsystem an sich wird sich nichts ändern - das Gymnasium in der Langform bleibt erhalten, eine gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen wird nicht eingeführt.

Dafür ist eine „gemeinsame Schuleingangsphase" vom letzten Kindergartenjahr bis zum zweiten Volksschuljahr geplant. Die Regierung stellt deshalb mehr Stundenkontingente für die Volksschulen zur Verfügung. Sie sollen speziell für Begabtenförderung und Stützmaßnahmen genutzt werden. In dieser Schuleingangsphase soll es zudem verpflichtende sprachliche Intensivkurse für Kinder mit schlechten Deutschkenntnissen geben. Bisher konnten die Schulen autonom entscheiden, ob sie solche Kurse verpflichtend machen.

Die neue und gleichzeitig auch alte Regierung will so schnell wie möglich die umstrittene Reform des Lehrerdienstrechts von der Agenda bekommen. Dazu wurde am Donnerstag im Verfassungsausschuss ein Abänderungsantrag beschlossen, mit dem die Regierung den Lehrern in einigen Punkten entgegenkommt.

Die Hauptkritikpunkte lauten nach wie vor: Drohende Qualitätseinbußen und Mehrbelastung durch das Dienstrecht. Das, was im Verfassungsausschuss beschlossen wurde, beinhaltet u. a. eine Reduktion der (generell 24-stündigen) Lehrverpflichtung für Lehrer der Sekundarstufe 2 (AHS-Oberstufe, berufsbildende mittlere und höhere Schulen) mit Schularbeitsfächern um zwei Stunden gegenüber dem ursprünglichen Regierungsplan. Wie der STANDARD erfahren hat, soll der Beschluss des neuen Lehrerdienstrechts Dienstagnachmittag im Parlament fallen – der erste Beschluss nach der Regierungserklärung am Vormittag.

Dass es dann auch eine Zustimmung der Lehrergewerkschaften geben könnte, ist auszuschließen.

Frei wählbares Kindergeld

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Das Kindergeld wird auf neue Beine gestellt. Das pauschale Kinderbetreuungsgeld, das vier Varianten zur Auswahl stellt, wird durch ein „Kinderbetreuungsgeldkonto" mit einer Fixsumme abgelöst. Dauer und Bezugshöhe sind somit frei wählbar. Damit sei „mehr Transparenz und Flexibilität" verbunden, heißt es im Koalitionspakt. Das Modell des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes bleibt zusätzlich erhalten.

Was Bildungsexperten seit Jahren monieren, soll in dieser Legislaturperiode ebenfalls realisiert werden: Der Kindergarten soll aufgewertet werden, die Aus- und Weiterbildung der Kindergartenpädagoginnen an den Pädagogischen Hochschulen ausgebaut werden (siehe Kapitel Bildung).

Im Gegenzug zum Ausbau der Kinderbetreuungsplätze steht aber eine Einschränkung der Elternteilzeit im Raum. Geprüft wird, den Anspruch vom 7. auf das 5. Lebensjahr des Kindes einzuschränken, in weiterer Folge sogar auf das 4. Lebensjahr.

Entgegen anderslautenden Gerüchten ist ein allgemeiner Papamonat auch dieses mal nicht fix. Die Einführung wird weiter geprüft, wie es heißt. Derzeit gibt es den Papamonat nur für Beamte.

Geeinigt haben sich SPÖ und ÖVP darauf, dass die Krankenkasse künftig für Kieferregulierungen, festsitzenden Zahnersatz und Mundhygiene für Kinder und Jugendliche aufkommen. Damit sich die Mehrkosten für die Krankenkassen in Grenzen halten, wird der mit 40 Millionen Euro jährlich dotierte Kassenstrukturfonds der Regierung über 2015 hinaus verlängert.

Abgeschafft wird weiters der Spitalskostenbeitrag für Kinder und Jugendliche. Ein Kinder- und Jugendgesundheitspass für 7- bis 18-Jährige soll eingeführt werden. Noch nicht sehr ausgefeilt:_Bis zum Jahr 2015 wird ein Konzept „Kinder- und Jugendpsychiatrie" ausgearbeitet.

(Lisa Aigner, Harald Fidler, Gerald John, Saskia Jungnikl, Katharina Mittelstaedt, Lisa Nimmervoll, Claudia Ruff, Andreas Schnauder, Luise Ungerböck, Michael Völker, Nina Weissensteiner, Rainer Schüller, DER STANDARD, 12.12.2013)