Unkalkulierbar geblieben: das Schlippenbach-Trio.

Foto: Porgy & Bess

Wien/Ulrichsberg - "Es gibt ein Ritual mittlerweile. Die beiden gehen frühstücken im Hotel, ich trinke morgens höchstens einen Kaffee." So erzählt Schlagzeuger Paul Lovens augenzwinkernd in Bernd Schochs 2011 entstandenem, wunderbar schlicht gestaltetem Filmporträt des Schlippenbach-Trios, betitelt Aber das Wort Hund bellt ja nicht.

Natürlich, nach 43 Jahren kontinuierlicher Arbeit in unveränderter Besetzung ist die Frage nach Ritualen und Routinen virulent. Wobei es nur vordergründig um kulinarische Tourneegewohnheiten und die Frage geht, wie oft man Ente mit Knödel und Rotkraut zu Mittag essen kann, sondern vielmehr um die interaktive Praxis der freien Improvisation, die Kunst des klingenden Moments.

Saxofonist Evan Parker beantwortet dies auf seine Weise: "Es geht darum, einen neuen Weg durch eine uns wohlvertraute Landschaft zu finden. Wir kennen sozusagen das Terrain, aber wenn wir den Rand des bekannten Terrains erreichen, was passiert dort? (...) Anstatt aber zurückzuschauen auf die Dinge, die wir bereits kennen, schauen wir nach vorne."

Die eigentliche Antwort auf die Frage, was eine Band mit so langer Geschichte antreibt, die gibt das 1970 gegründete deutsch-britische Trio um Pianist Alexander von Schlippenbach im Rahmen der Winterreise, wie die jährliche Dezember-Tournee seit der gleichnamigen CD von 2006 genannt wird. Denn Schlippenbach, Parker und Lovens finden im spontanen Trialog mit verblüffender Konstanz zu konzentrierter, hypnotisierender Dichte, lassen die Musik fließen und bleiben doch unkalkulierbar. Wie sagte doch Schlippenbach einmal dem Autor dieser Zeilen? "Uns als ,Klassiker' wegloben zu wollen gehört zu den Anstrengungen des Jazzjournalismus, den Free Jazz mit einem Nachruf zu Lebzeiten in der historischen Schublade zu begraben. Wir sind aber noch da, und dass wir mittlerweile als Klassiker bezeichnet werden, hat unsere Wirkung eher gesteigert." (Andreas Felber, DER STANDARD, 13.12.2013)