Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck fährt nicht zur Eröffnung der Olympischen Winterspiele nach Sotschi. Offenkundiger, wenn auch unausgesprochener Grund: Das Russland Putins ist unübersehbar zu einem Staat der willkürlichen Repression geworden: Homosexualität wird unter Strafe gestellt, ein paar Protestsängerinnen werden auf zwei Jahre ins Lager gesteckt, dem seinerzeitigen Oligarchen und politischen Herausforderer Putins, Michail Chodorkowski, der seit 2003 im Lager sitzt, soll nun praktisch zum dritten Mal wegen desselben Sachverhalts der Prozess gemacht werden. Ganz abgesehen davon, dass Putin mit einer nationalistischen Politik die ehemaligen Teilstaaten der verblichenen Sowjetunion wieder "heim ins Reich" führen will, wie man jetzt an der Ukraine beobachten kann.

Extrem repressive Regime wie China konnten auch ihre Olympischen Spiele abhalten, und auch da sind westliche Politiker angereist, lautet ein Argument. Ob es etwas nützt, wenn z. B. Heinz Fischer dem Beispiel Gaucks folgt und nicht nach Sotschi reist (er habe sich noch nicht entschieden, heißt es aus der Hofburg)? Aber er - und die künftigen Regierungsspitzen - könnten schon intensiv nachdenken, ob es sich lohnt, einen Putin, der seine Verachtung der Demokratie und des Rechtsstaates immer offener zeigt, mit der eigenen Anwesenheit zu ehren.

Nicht erscheinen beim Mandela-Begräbnis, dafür aber Putin hofieren - das sieht nicht gut aus. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 12.12.2013)