Harry Glück: "Wenn wirtschaftliche Überlegungen in Richtung Abbruch gehen und sich das für die Eigentümer rechnet, ist das für mich kein emotionales Problem."

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Seit der Moderne habe sich beim Bürobau nur wenig geändert, meint der Architekt des Rechnungszentrums, Harry Glück. Die 80er-Jahre seien weit unterschätzt, sagt er zu Wojciech Czaja.

STANDARD: Das von Ihnen geplante Rechenzentrum soll abgerissen werden. Wie geht es Ihnen damit?

Glück: Wenn wirtschaftliche Überlegungen in Richtung Abbruch gehen und sich das für die Eigentümer rechnet, ist das für mich kein emotionales Problem. Ich würde es mehr bedauern, wenn beispielsweise manche der von mir geplanten Wohnbauten abgerissen würden, weil sie nicht mehr das bieten, was einst Absicht war.

STANDARD: Warum gleich Abbruch und nicht Umbau und Sanierung?

Glück: Das Rechenzentrum wurde nach präzisen Kriterien geplant und musste technische Vorgaben erfüllen. Allein schon die Größe und das Gewicht der damaligen Computer haben sich auf die Gestaltung des Hauses ausgewirkt. Nachdem sich die Computertechnik seit 1980 radikal verändert hat, gibt es für ein Bauwerk dieser Art keine adäquate Nachnutzung.

STANDARD: Es scheint es, dass Bauten aus den 70er- und 80er-Jahren in der Bevölkerung unbeliebt sind. Können Sie das nachvollziehen?

Glück: Nein, das kann ich nicht. Die Alternative zu diesen Bauten der Siebziger- und Achtzigerjahre wäre die Postmoderne gewesen. Und die täte uns aus heutiger Sicht gewiss mehr leid.

STANDARD: Die Wien Holding möchte auf dem Areal nun ein modernes Bürogebäude errichten. Was wünschen Sie sich für dieses Projekt?

Glück: Gar nichts. Ich habe keinen besonderen Wunsch.

STANDARD: Sie wirken distanziert.

Glück:  Es tut mir leid, wenn meine Antworten nicht dramatischer sein können. Aber es gibt keinen Anlass für Dramatik. Abbruch und Neubau sind einzig und allein eine Entscheidung von Kaufleuten. Auf dem Gebiet des Verwaltungsbaus hat sich seit Ludwig Mies van der Rohe, also seit der Moderne, nicht viel geändert.

STANDARD: Sie erkennen keinen Fortschritt?

Glück: Kosmetisch vielleicht. Strukturell eher nein. Wir sprechen von Flexibilität und Multifunktionalität, doch im Grunde schauen die Projekte heute nicht anders aus als vor 80 Jahren. Der nun geplante Bürobau wird auch nichts anderes zuwege bringen, es sei denn, man bemüht sich um ein völliges Neudenken von Organisation und Verwaltung. Doch das halte ich bei einem Wiener Bürogebäude für ausgeschlossen. (DER STANDARD, 12.12.2013)