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Zoran Barisic ist interessiert.

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Wien/Kiew - Da die Welt nicht gerade darauf wartet, dass der Trainer von Rapid die Zustände in der Ukraine kommentiert, sagt Zoran Barisic: "Wir sind in Kiew, um Fußball zu spielen. Um mehr kann und darf es nicht gehen. Ich will nicht beurteilen, wer politisch die Guten und wer die Bösen sind. Da kenne ich mich zu wenig aus. Ich weiß nur, dass Dynamo der Favorit ist. Ein Scheitern wäre für sie sehr peinlich. Trainer Oleg Blochin hätte dann ein Problem."

Natürlich hat der 43-jährige Barisic in den vergangenen Tagen die Demonstrationen, die Ausschreitungen via Medien verfolgt. "Als interessierter Mensch, nicht als Trainer, der am Donnerstagabend etwas Außergewöhnliches erreichen will. In so einer Partie kann man eine große Mannschaft werden. Wir haben alles zu gewinnen und fast nichts zu verlieren, das ist eine schöne Ausgangsposition." Sicherheitsbedenken habe er, Barisic, überhaupt keine. "Uns wird garantiert nichts passieren. Angst ist völlig fehl am Platz. Meine Mannschaft ist auf die 90 Minuten fokussiert." Schon aus geografischen Gründen sei nichts zu befürchten, das Olympiastadion steht weit weg vom Rathaus.

Ukraine bereits in der Winterpause

Dynamo Kiew hat sich akribisch vorbereitet, ein Trainingslager in der Türkei abgewickelt. Die ukrainische Meisterschaft pausiert seit dem 2. Dezember. "Die sind sicher frischer als wir." Die politische Lage werde bei den Heimischen keine Rolle spielen. "Ich gehe nicht davon aus, dass die Dynamo-Profis mental irgendwie abgelenkt sind. Außerdem sind ja viele Legionäre dabei, die sind maximal indirekt betroffen." Der Österreicher Aleksandar Dragovic ist ein Beispiel.

Die Ausgangsposition ist klar. Um der Europa League erhalten zu bleiben, muss Rapid gewinnen. Genk steht als Sieger und Aufsteiger der Gruppe G fest. Dynamos Kader wird auf 150 Millionen Euro taxiert, Barisic hält mit rund 17 dagegen. Das Hinspiel endete 2:2, Rapid holte im Happel-Stadion einen 0:2-Rückstand auf. Da kann man rechtschaffen den so simplen wie fulminanten Satz anwenden: "Geld spielt nicht Fußball."

Mentalität

Andererseits hat Rapid zuletzt in der Meisterschaft zweimal verloren, was freilich dieser These nicht widerspricht. 0:2 in Ried, 1:2 in Wolfsberg. Barisic nimmt die Schuld auf sich. "Es ist mir nicht gelungen, die Spieler mental zu stärken. Sie dachten schon an die Kiew-Partie, waren unkonzentriert. Sie wissen zwar, dass sie kicken können, vergaßen aber zeitweise darauf." Davor hatte Rapid elfmal nicht verloren. "Wir traten sympathisch auf, haben leider nicht daran gedacht, noch mehr investieren zu müssen. Meine Schuld. Wir stecken noch mitten in einem Entwicklungsprozess."

Die Mentalität gehöre, so Barisic, geschult. "Wir müssen mehr auf uns schauen, ein Mia-san-mia-Denken entwickeln. Wir brauchen eine Bayern-Mentalität für Arme." Die sollte langfristig auch dazu führen, "dass die Schere zu Red Bull Salzburg enger wird".

Hemmungsloser Finalgenuss

Kurzfristig ist Kiew. Es wird für hiesige Verhältnisse nahezu wohlig warm sein, Temperaturen um den Gefrierpunkt sind prognostiziert. Der befürchtete Eiskasten ist quasi ein Heizstrahler. Barisic fordert eine "Hemmungslosigkeit. Wir haben ein junges, auf diesem Niveau unbeflecktes Team. Das könnte dazu führen, dass wir ungehemmt agieren. Wir wollten ein Finale und haben es aufgrund unserer Leistungen bekommen. Das müssen wir genießen."

Am Freitag wird Rapid wieder daheim in Wien sein, um am Sonntag im Hanappi-Stadion Wiener Neustadt zu empfangen. "Das Ziel ist erreicht, wenn wir uns in den Spiegel schauen können. Mit dem Wissen, in Kiew alles versucht zu haben."

Barisic wird sich weiterhin über die Lage in der Ukraine informieren. "Als Mensch." Als Trainer muss gesagt werden: "Steigen wir auf, haben wir bei Dynamo Kiew einiges verändert. Und Rapid wäre in aller Bescheidenheit ein bisserl größer geworden." (Christian Hackl, DER STANDARD, 12.12.2013)

Technische Daten und mögliche Aufstellungen zu Dynamo Kiew - Rapid am Donnerstag:

Fußball-Europa-League/Gruppe G/6. und letzte Runde:

Dynamo Kiew - SK Rapid Wien (Kiew, Olympiastadion, 21.05 Uhr MEZ/live ORF eins und Sky, SR Björn Kuipers/NED)

Dynamo: Kowal - Gusew, Chacheridi, Dragovic, Tremoulinas - Veloso, Vukojevic - Jarmolenko, Belhanda, Lens - Ideye

Ersatz: Rudko - Zurikow, Dudu, Bezus, Garmasch, Vida, Makarenko

Es fehlen: Mbokani, Sidortschuk (beide gesperrt)

Rapid: Novota - Trimmel, Sonnleitner, Dibon, Schrammel - Petsos, Boskovic - Sabitzer, Schaub, Burgstaller - Boyd

Ersatz: Radlinger - Behrendt, Okungbowa, Pavelic, Wydra, S. Hofmann, Grozurek, Starkl

Es fehlen: Alar (im Aufbautraining), Palla (Muskelverletzung), Pichler (Rückenprobleme)