Pseudomonas aeruginosa ist ein weitverbreiteter Krankenhauskeim.

Foto: Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung

Pseudomonas aeruginosa ist ein weitverbreiteter Krankenhauskeim. Besonders bei Patienten mit der Stoffwechselkrankheit "Zystische Fibrose" kann er die Lunge befallen und chronische Entzündungen hervorrufen. Durch einen schleimigen Biofilm schützt er sich vor dem Immunsystem und vor Antibiotika. Dazu kooperieren viele Bakterien miteinander und produzieren den Schleim gemeinsam. Sie verständigen sich mithilfe eines bakteriellen Kommunikationssystems namens "Quorum Sensing".

"Beim Quorum Sensing setzen Pseudomonaden kontinuierlich Stoffe frei. Diese Stoffe werden von anderen Bakterien mithilfe ihrer Rezeptoren wahrgenommen - allerdings nur, wenn die Konzentration hoch genug ist. Daraufhin ändern sie gemeinsam ihr genetisches Programm", sagt Lu Cenbin, Wissenschaftler am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS). Nimmt die Dichte der Bakterienpopulation zu, steigt auch die Konzentration der Signalstoffe. Pseudomonaden nutzen diese Art der Kommunikation auch, um Gifte wie das Pyocyanin herzustellen, das unter anderem Lungenzellen schädigt.

Forscher am HIPS haben nun erstmals einen Wirkstoff entwickelt, der diese bakterielle Kommunikation unterbricht. Ihre Ergebnisse stellten sie nun in der Fachzeitschrift "Angewandte Chemie" vor. "Ein zentraler Rezeptor im Quorum Sensing ist PqsR. Wir haben gezielt nach Substanzen gesucht, die die Informationsübertragung an diesem Molekül blockieren", sagt Rolf Hartmann, Abteilungsleiter am HIPS. 

Keine Resistenzentwicklung zu befürchten

Als Vorlage für ihre chemischen Synthesen dienten den Forschern Signalstoffe, die normalerweise an den Rezeptor PqsR binden. Schon vor einem Jahr hatten die Forscher eine Substanz hergestellt, die in ersten Tests die Signalweiterleitung am Rezeptor unterbrach. Allerdings konnten die Forscher diese Wirkung in Pseudomonas aeruginosa nicht bestätigen. "Wir wissen jetzt, dass ein bakterielles Enzym unsere Substanz chemisch so verändert, dass sie den Rezeptor aktiviert statt ihn zu hemmen", erklärt Hartmann. Demnach reichte eine kleine Modifikation an einer bestimmten Stelle der Molekülstruktur aus, um die Wirkung der Substanz komplett umzukehren.

Durch gezielte Veränderungen konnten Wissenschaftler die Substanz so weiterentwickeln, dass das Enzym nicht mehr an der kritischen Stelle angreifen und die Substanz umwandeln konnte. Im Test zeigte die finale Substanz das gewünschte Ergebnis: Sie verhinderte, dass der Rezeptor PqsR angeschaltet wurde. Als Folge produzierten die Bakterien weniger Pyocyanin. Im weiteren Versuchen erhöhte die Substanz erfolgreich die Überlebensrate von Tieren, die mit Pseudomonas infiziert waren. 

Das Besondere an der neu entdeckten Substanz ist, dass keine Resistenzentwicklung zu befürchten ist, wie sie etwa bei Antibiotika zu beobachten sind. "Unser Molekül greift in keine lebenswichtigen Prozesse der Bakterien ein. Daher haben Pseudomonaden, die eine Resistenz dagegen entwickeln, keinen Überlebensvorteil und verbreiten sich nicht. Da die Substanz die Verständigung der Bakterien miteinander stört, können wir so dennoch die Infektion bekämpfen", fasst Hartmannn den Forschungsansatz zusammen. (red, derStandard.at, 11.12.2013)