Mittwoch, 20.15 Uhr auf Arte: "Gefühlsverwirrungen".

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Zwei alte Landhäuschen mitten im Grünen: In dem einen wohnt Carole (Nathalie Baye) mit zwei halbwüchsigen Kindern und ihrem Mann, dem Arzt Jacques (Jean-Pierre Bacri). Gegenüber zieht zu Beginn des Films dessen Nachfolger ein, Robert (Melvil Poupaud), frisch verheiratet mit der quirligen Edith (Isabelle Carré). Die Frauen treffen einander bald schon mittags zum Quatschen. Die Männer tauschen sich zuerst einmal beruflich aus.

Alles scheint auf den Beginn einer Freundschaft hinzudeuten. Aber die beschauliche Provinzwelt, die "Les sentiments" (Gefühlsverwirrungen) mit reichlich Blümchentapete entwirft, bildet vor allem einen Resonanzraum für jene großen Gefühle, die beide Paare bald um- und auseinandertreiben.

Gemessen an den Besucherzahlen und an der Tatsache, dass der Film 2003 im Wettbewerb von Venedig lief, ist "Les sentiments" der bisher größte Erfolg der französischen Filmemacherin, Autorin und Schauspielerin Noémie Lvovsky. Aber erst mit ihrem jüngsten Kinofilm, der charmant-verdrehten Zeitreisekomödie "Camille - Verliebt nochmal!" (Camille redouble), machte Lvovsky im heurigen Kinojahr auch außerhalb des französischen Sprachraums so richtig von sich reden.

Mit Camille teilt Les sentiments die intensive Farbpalette und den Stellenwert der Musik in Lvovskys gesamtem Werk (diesmal agiert ein Chor kommentierend). Zugleich wirkt "Les sentiments" (bis hin zu Kostümen) deutlicher wie eine Verneigung vor Altvorderen wie Jacques Demy und Alain Resnais. Schön, dass Arte diese bei uns nie gezeigte, schwer erhältliche Arbeit jetzt im Hauptabend ausstrahlt. Im Original mit Untertiteln wäre es noch viel schöner. Arte, Mittwoch, 20.15 Uhr. (Isabella Reicher, DER STANDARD, 11.12.2013)