"Ich bin ein Marathon-Läufer": Karl-Friedrich Scheufele.

Foto: Johann Sauty/Chopard

Gemeinsam mit der alteingesessenen Mailänder Autodesignerfamilie Zagato hat Chopard eine limitierte Edition seiner Mille-Miglia-Uhr herausgebracht. Dem Mille-Miglia-Zagato-Chronografen (Durchmesser 42,5 Millimeter) mit Chopard-Handaufzugswerk hat der Karossier dafür einschlägige Gran-Turismo-Stilelemente verpasst. Die hier gezeigte Version in Rotgold kostet 7650 Euro und ist auf 500 Stück limitiert. Die ebenfalls limitierte Edelstahlversion ist für 6260 Euro zu haben.

Foto: Chopard

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Foto: Andrea Maria Dusl

STANDARD: Guten Tag Herr Scheufele. Ich freue mich, dass dieses Gespräch zustande kommt ...

Karl-Friedrich Scheufele: Ich bin ein bisschen unter Zeitdruck, wenn es Ihnen nichts ausmacht, beeilen wir uns. Ich bin nämlich schon wieder auf dem Sprung ...

STANDARD: ... nach Fleurier, in die Uhrenmanufaktur? Ich habe gehört, dass jeder Freitag für Fleurier reserviert ist.

Scheufele: Mittlerweile kann ich diesen Rhythmus nicht mehr einhalten, was mir selber am meisten leidtut. Ich versuche aber, zwei- bis dreimal im Monat nach Fleurier zu kommen. Ich bin in den letzten Wochen sehr viel gereist, weil ich einige Märkte wieder persönlich besuchen wollte. Dadurch ist mein Programm ein bisschen durcheinandergekommen.

STANDARD: Wo soll's denn hingehen?

Scheufele: Dieses Jahr habe ich mir den Mittleren Osten vorgenommen, übermorgen geht's wieder dahin, um noch die zwei letzten Länder mitzunehmen - Oman und Qatar. Danach werde ich mich wieder Japan und Asien widmen.

STANDARD: Vor einigen Jahren waren die Wege noch nicht so weit. Die erste Chopard-Boutique in Europa, abgesehen von Genf, wurde 1989 in Wien eröffnet. Gab es dafür einen bestimmten Grund?

Scheufele: Das war eine schöne Fügung. Wir hatten verschiedene Städte im Visier, aber das war die erste Möglichkeit, die sich bot. Lange Zeit war die Innenausstattung der Wiener Boutique Vorbild für alle anderen Geschäftslokale. Mit der Eröffnung der Boutique auf der Madison Avenue in New York haben wir das Konzept modernisiert, und erst vor kurzem wurde auch die Wiener Niederlassung angepasst.

STANDARD: Es gab demnach keinen persönlichen Bezug zu Wien, der die Entscheidung vielleicht auch beeinflusst hat?

Scheufele: Doch, doch. Meine Eltern lieben Wien. Diese Liebe haben sie auch ein bisschen auf uns übertragen. Leider fehlt heute die Zeit, um mal wieder in die Wiener Oper zu gehen, oder für andere Dinge, die man wahnsinnig gerne täte. Stattdessen muss man eben nach Schanghai oder was weiß ich ... also wenn ich es mir aussuchen könnte, wäre die Wahl schnell getroffen.

STANDARD: Gibt es auch Weihnachtsstress im Hause Scheufele?

Scheufele: Früher einmal, heute geht's das ganze Jahr rund, wir stehen das ganze Jahr unter Strom.

STANDARD: Geschenke zu finden dürfte Ihnen doch leichtfallen: Sie haben Schmuck, Uhren, sogar Wein im eigenen Haus ... Was schenken Sie zu Weihnachten?

Scheufele: Geschenke soll man machen, wenn man gerade die Idee dazu hat. Ein Geschenk zu machen, nur weil gerade Weihnachten ist, ist nicht meine Art. Das Präsent muss Sinn machen, es muss passen - es muss was rüberkommen! Es ist mir durchaus passiert, dass ich Weihnachtsgeschenke schon im Januar gekauft habe.

STANDARD: Apropos Ideen: Seit kurzem arbeitet Chopard mit der traditionsreichen Mailänder Autodesignerfamilie Zagato zusammen. Daraus ist eine Spezialedition Ihrer Mille-Miglia-Uhr entstanden. Wie haben Sie die Zagatos kennengelernt?

Scheufele: Die Idee entstand vor zwei Jahren, natürlich bei der Mille Miglia. Da habe ich Andrea Zagato kennengelernt. Er fuhr einen wunderschönen Alfa Romeo mit Zagato-Karosserie. Ich habe schon seit Jahren Autos mit Zagato-Karosserie bewundert, die bei der Mille Miglia mitfuhren. Der Name klingt auch unheimlich gut, aber nicht nur das: Ich habe festgestellt, dass Zagato ein Familienunternehmen ist, so wie wir. Das Gespräch war sehr sympathisch, es kam was rüber. Da habe ich spontan vorgeschlagen, gemeinsam eine limitierte Serie einer Mille-Miglia-Uhr zu kreieren.

STANDARD: Kannte Herr Zagato die Mille-Miglia-Uhr schon?

Scheufele: Nachdem er schon ein paar Mal an der Rallye teilgenommen hat, kannte er die Uhr schon. Denn jeder Teilnehmer der Mille Miglia bekommt diese Uhr. Aber sowohl seine Frau als auch er besitzen schon das eine oder andere Stück von Chopard.

STANDARD: Sie haben sich also über gemeinsame Leidenschaften zueinandergefunden ...

Scheufele: ... ja, genau. Es ist die Leidenschaft für Design und Handwerkskunst. Ich habe auch etwas über die Zagato-Karosserien dazugelernt. Die werden entweder in Kleinstserie von neun Stück aufgelegt oder, wenn es sich um eine größere Sache handelt, bei der jeweiligen Automarke hergestellt. Aber nie mehr als hundert Exemplare. Es gab vor zwei Jahren einen Bentley mit Zagato-Karosserie, einen Aston Martin, es gibt immer wieder Designstudien für Firmen wie beispielsweise BMW. Aber die Karosserien, die im Hause entstehen, sind Kleinstserien in Handarbeit.

STANDARD: Hublot und Ferrari, Bugatti und Parmigiani: Warum passen Autos und Uhren so gut zusammen?

Scheufele: Wir haben das Thema bereits 1988 aufgegriffen. Damals hat sich noch kaum eine Uhrenfirma mit Autos beschäftigt - außer Rolex und Heuer, damals noch ohne TAG. Alle anderen hatten mit Autos nichts am Hut. Heute machen das alle. Wir sind einfach der Mille Miglia treu geblieben, weil das für mich schon über das Auto selbst hinausgeht. Dort sind alle Marken vertreten. Es wird auch immer mehr eine kulturelle Geschichte.

STANDARD: Und sie wird immer größer ...

Scheufele: Ja. Für meinen Geschmack schon zu groß. Aber der Erfolg hat auch manchmal negative Auswirkungen. (lacht)

STANDARD: Aber es werden dafür auch mehr Mille-Miglia-Uhren an den Fahrer und die Fahrerin gebracht.

Scheufele: Die Mille-Miglia-Uhr ist weit über die Oldtimer-Szene hinaus bekannt und beliebt. Sie ist eine interessante Sportuhr. Ich sehe sie durchaus als Alternative zu anderen Sportuhrmodellen.

STANDARD: Ist Leidenschaft erblich? Sie haben Ihre Passion für Autos und Uhren offensichtlich von Ihrem Vater geerbt.

Scheufele: Die Frage kann ich Ihnen vielleicht beantworten, wenn mein Sohn älter ist.

STANDARD: Das heißt, der Filius macht noch keine Anstalten, ins Familiengeschäft einzusteigen?

Scheufele: Na ja, die Uhren haben es ihm schon ein bisschen angetan. Er ist jetzt 16. Für Autos interessiert er sich noch nicht. Es sind vor allem seine Sportarten, die ihn interessieren ... aber auch die Elektronik hat ihn nicht ganz im Griff, Gott sei Dank. Er hat zumindest schon einmal gesagt, ich soll in Betracht ziehen, Uhren für jüngere Kunden zu machen.

STANDARD: Wie sehen seine Ideen diesbezüglich aus?

Scheufele: Ich habe zu ihm gesagt, dass er gerne unsere Designabteilung besuchen kann, um sich kreativ auszutoben.

STANDARD: Ist er dem nachgekommen?

Scheufele: Nein, das müssen wir erst planen. (hörbar erheitert)

STANDARD: Nach einer Blitzumfrage in der Redaktion und im Bekanntenkreis hat sich herausgestellt, dass Chopard weniger mit Uhren, also speziell Herrenuhren, sondern eher mit Schmuck und Weiblichkeit in Verbindung gebracht wird. Was halten Sie davon?

Scheufele: Es stimmt. Aber seit 15 Jahren arbeiten wir daran, zu zeigen, dass es von Chopard auch sehr interessante Dinge für Herren gibt. Und der Erfolg stellt sich ein, denn der Anteil an Herrenuhren ist ständig und stetig gewachsen.

STANDARD: Ein Umstand, der auf Ihr Wirken zurückzuführen ist, nämlich Chopard - auch - zu einer vollintegrierten Uhrenmanufaktur mit eigenen Kalibern, eigener Produktion auszubauen. Ein riskanter Weg?

Scheufele: Klar, aber ohne Risiko geht heute sowieso nichts.

STANDARD: In Medienberichten über Sie heißt es, Sie verfügten über "badische Beharrlichkeit" oder: "Er verkörpert die konservativ-elegante Linie des Hauses." Stören Sie solche Zuschreibungen?

Scheufele: Gar nicht. Ich kann dem nichts Negatives abgewinnen. Im Gegenteil. Ich bin jemand, der Ziele konsequent verfolgt, und dies über längere Zeiträume. Denn ich finde, dass es in dem Bereich, in dem wir tätig sind, sehr viele Sprinter gibt, aber nur sehr wenige gute Marathonläufer. Ich zähle mich eher zur zweiten Kategorie.

STANDARD: Also kommt jetzt auch noch die Bezeichnung Marathonläufer hinzu, zur badischen Beharrlichkeit.

Scheufele: (lacht)

STANDARD: Als ausgewiesener Wein-Connaisseur und begeisterter Weinsammler: Was halten Sie von österreichischen Weinen?

Scheufele: Die österreichischen Weine haben sich in den letzten zehn Jahren unheimlich positiv entwickelt, ebenso wie der Schweizer Wein.

STANDARD: Aber dessen Ruf ist bei weitem noch nicht so gut wie der der Schweizer Uhr!

Scheufele: Sagen wir so: Qualität wird sich immer durchsetzen. (Markus Böhm, Rondo, DER STANDARD, 13.12.2013)