Vor 40 Jahren wurde im österreichischen Parlament die Fristenlösung beschlossen. Damit blieb der Schwangerschaftsabbruch zwar im StGB und damit verboten, er wurde jedoch unter gewissen Bedingungen straffrei gestellt. Aktuell fordern zahlreiche Expertinnen und Experten, dieses Verbot aus dem StGB zu streichen. Die Justizministerin ist dagegen, mit der Begründung, dass „Frauen dann selbst im achten Monat straffrei abtreiben könnten". Dieser Behauptung sollen einige Fakten entgegengesetzt werden.

Woher kommt das Gesetz

Das Verbot des Schwangerschaftsabbruchs wurde in Österreich von Kaiserin Maria Theresia 1768 eingeführt und ist seither gültig. Ziel dieses Verbotes war nicht der Schutz von Frauen und Kindern, sondern eine große, gut ausgebildete Staatspopulation sowie Soldaten für Kriege zu generieren.

Was sind die Auswirkungen des Gesetzes

Ein Schwangerschaftsabbruch wird nur dann durchgeführt, wenn die bestehende Schwangerschaft ungewollt ist. Entweder weil die Frau / das Paar kein (weiteres) Kind verantwortungsbewusst ins Leben begleiten kann oder weil es einen medizinischen Grund gibt. Eine Strafbestimmung als Antwort des Staates stellt keine Unterstützung dar, sondern steht in fundamentalem Widerspruch zu den Werten einer Demokratie, wo Hilfe und Unterstützung für größtmögliche Selbstbestimmung das Ziel sind.

Darüber hinaus wird die Versorgungssituation in Österreich durch die strafrechtliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs negativ beeinflusst. Krankenhäuser, Ärzte und Ärztinnen weigern sich, Abbrüche durchzuführen, weil diese de jure verboten sind. Das hat zur Folge, dass viele Frauen für diese medizinische Grundversorgung in ein anderes Land fahren müssen.

25 Jahre Erfahrung in Kanada

Am 28.1.1988 erklärte der Oberste Gerichtshof in Kanada das damals geltende Gesetz zum Schwangerschaftsabbruch als verfassungswidrig. Seitdem gibt es in Kanada kein Gesetz dazu. Die inzwischen mehr als 25-jährige Erfahrung zeigt, dass es für diese medizinische Behandlung keines Gesetzes bedarf.

Keine der Befürchtungen - wie die von der österreichischen Justizministerin angenommene Zunahme an Abbrüchen oder Spätabbrüchen bis vor der Geburt - ist dort eingetroffen. Vielmehr hat sich eindrucksvoll bestätigt, dass das Strafrecht nur negative Folgen, aber keine positive Auswirkung hat. In Kanada brechen Frauen heute eine Schwangerschaft nur dann ab, wenn die Schwangerschaft noch sehr jung ist oder wenn eine schwere Fehlbildung vorliegt. Sobald der Embryo allein lebensfähig ist, kommt ein Schwangerschaftsabbruch ohnehin nicht mehr infrage. In diesem Fall wird eine Geburt eingeleitet und das ungewollte Kind zur Adoption freigeben.

Unsere langjährige klinische Erfahrung und zahlreiche wissenschaftliche Studien zeigen: Die Zahl an ungewollten Schwangerschaften wird durch die Verfügbarkeit wirksamer Verhütungsmethoden bestimmt, nicht durch das Strafgesetz. Leider wird in Österreich nur mäßig wirksam verhütet, was zu unnötig vielen Abbrüchen führt. Wenn der österreichische Staat die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche reduzieren möchte, muss er hier ansetzen: Wirksame Verhütungsmittel wie etwa die Pille oder die Spirale müssen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Kanada erfreut sich im Übrigen einer weitaus geringeren Rate an Abbrüchen als Österreich, trotz des "gesetzlosen Zustands".

Warum wir uns für die Streichung aus dem StGB engagieren

Als medizinische Fachkräfte, die Frauen mit ungewollten Schwangerschaften betreuen, sehen wir es als unsere Aufgabe, uns für das Wohl unserer Patientinnen einzusetzen und dazu beizutragen, dass ungewollte Schwangerschaften reduziert werden. Aber auch, dass Frauen in dieser Situation bestmöglich betreut und behandelt werden. Wirtschaftliche Gründe für unsere Initiative zur Streichung des Abbruchs aus dem StGB gibt es keine. Ärzte können in Österreich mit der derzeitigen Regelung Abbrüche bis zur 16. Woche durchführen. In der Gynmed führen wir Schwangerschaftsabbrüche bis zur 14. Woche durch. (Leserkommentar, Christian Fiala, derStandard.at, 10.12.2013)