Taktikbesprechung in der Stiftskaserne.

Foto: rwh/derStandard.at

Ein Teilnehmer aus Mali übt am "Study Land".

Foto: rwh/derStandard.at

Wien - Eine Landkarte hängt an der zwei mal zwei Meter großen Pinnwand im Übungsraum im Dachgeschoß der Stiftskaserne in Wien. Sie zeigt Teile Niederösterreichs und des Burgenlands, zu sehen ist der Neusiedler See und im Zentrum der Karte Wiener Neustadt. Doch heute geht es nicht um Nachhilfeunterricht in österreichischer Geografie, zu sehen ist das sogenannte "Study Land". Das haben die Teilnehmer eines Workshops kreiert. Anhand eines fiktiven Beispiels lernen sie, wie man Weltkulturerbe in militärischen Auseinandersetzungen schützen kann.

Seit einer Woche sind insgesamt sieben Militärs und Zivilisten aus afrikanischen Ländern in Wien zu Gast. Sie kommen aus Mali, Äthiopien, Ghana und Nigeria. Österreich hat eine Vorreiterrolle auf dem Gebiet des Schutzes von Weltkulturerbe. In der Haager Konvention aus dem Jahr 1954 steht festgeschrieben, dass Kulturgüter im Kriegs- oder Konfliktfall vor Beschädigung und Zerstörung geschützt werden sollen. Der Workshop wird von der österreichischen Unesco-Kommission sowie dem Verteidigungs-, dem Kultur- und dem Außenministerium organisiert.

Oberst Hubert Speckner geht mit den Teilnehmern die verschiedenen Planungsschritte durch. Zunächst sei es wichtig, sich in den "fremden Ländern" zu erkundigen, welche schützenswerte Gebäude es gibt. Diese werden auf der Karte markiert. Je "wichtiger" ein Kulturgut ist, desto öfter wird es mit vielen verschiedenen Farben eingeringelt.

Im nächsten Schritt werden die verschiedenen Szenarien durchgedacht. Von welcher Seite soll die militärische Aktion gestartet werden? Mit Pfeilen, Kreuzen und strichlierten Linien werden mögliche Wege eingezeichnet. Es sei wichtig, bereits im Vorfeld abzuklären, wie die Lage vor Ort ist, um nicht im Nachhinein reagieren zu müssen. "Welche Bedeutung die Gebäude haben, das muss Einzug in die strategische Ausrichtung eines Konflikts finden", erläutert Speckner. Im Grunde geht es um die simple Frage: Welche Gebäude können beschossen werden und welche nicht? Gerade im westafrikanischen Land Mali ist während des bewaffneten Aufstands von Rebellen in den vergangenen Monaten eine Reihe von Kulturgütern zerstört worden. Mehr als 4000 Manuskripte sowie zahlreiche Moscheen und Mausoleen, zum Beispiel in der historischen Stadt Timbuktu, sind verbrannt oder beschädigt worden. Für den Erhalt beziehungsweise die Renovierung sind laut Experten mindestens acht Millionen Euro nötig.

Ausflug "ins Feld"

Kaba Sangare ist ein Militär aus Mali. "In meiner Heimat gibt es eine Reihe von geschützten Kulturgütern", sagt er im Gespräch mit dem Standard. "Ich habe hier beim Workshop gelernt, dass es bereits bei der Einsatzplanung wichtig ist, darauf das Augenmerk zu legen und darauf, welche Schritte notwendig sind."

Nach der theoretischen Übung geht es hinaus "ins Feld". Ein Ausflug nach Wiener Neustadt ist geplant, also mitten ins Zentrum des "Study Land". Hier werden die schützenswerten Gebäude nun aus der Nähe betrachtet. (Rosa Winkler-Hermaden, DER STANDARD, 7.12.2013)