Ein Pärchen trauert vor der südafrikanischen Botschaft in Washington, D.C. Foto: Reuters / James Lawler Duggan

"Unsere Nation hat ihren größten Sohn verloren. Unser Volk hat einen Vater verloren" – ganz in Schwarz gekleidet, trat Südafrikas Präsident Jacob Zuma am Donnerstagabend vor die Kameras, um den Tod von Nelson Mandela zu verkünden. Dies sei ein Moment "tiefster Trauer" für alle Südafrikaner. "Nelson Mandela brachte uns zusammen, und zusammen nehmen wir Abschied von ihm." Vor dem Haus des Friedensnobelpreisträgers im Johannesburger Vorort Houghton versammelten sich noch in der Nacht zum Freitag mehr als 100 Menschen, um Lieder zu singen und zu tanzen. Einige brachten ihre Kinder mit.

Südafrikas Fernseh- und Radiosender sendeten ab Donnerstagabend nur noch Trauermusik. Zuma rief eine Staatstrauer aus. Die Fahnen des Landes würden bis zum Tag der Beerdigung Mandelas auf Halbmast gehisst. "Lasst uns zu seiner Vision stehen, die eine Gesellschaft war, in der niemand ausgebeutet und unterdrückt wird." Zuma pries die Vision Mandelas von einem einigen, nicht-rassistischen, nicht-sexistischen, demokratischen und blühenden Südafrika. Das ostafrikanische Burundi ordnete ebenfalls eine dreitägige Staatstrauer an. Mandela hatte im Jahr 2000 als Vermittler maßgeblich dazu beigetragen, den langjährigen Bürgerkrieg zwischen Hutu und Tutsi mit mehreren Hunderttausend Toten zu beenden.

Viele Südafrikaner kamen am Freitag mit einem schwarzen Trauerflor zur Arbeit. Der ehemalige Erzbischof von Kapstadt, Desmond Tutu, würdigte am Freitag bei einem Gedenkgottesdienst in der anglikanischen St.-George-Kathedrale in Kapstadt seinen ehemaligen Weggefährten im Kampf gegen das rassistische Apartheidsystem. "Das Land hat seinen Vater verloren", sagte Tutu.

Trauerfeier am 10. Dezember

Die zentrale Trauerfeier für den südafrikanischen Freiheitshelden soll am Dienstag, den 10. Dezember, im FNB-Stadion von Johannesburg stattfinden. Das teilte Zuma am Freitag in Johannesburg mit. Das Begräbnis werde am Sonntag, den 15. Dezember, in Qunu in der Provinz Ostkap stattfinden, Mandelas letztem Wohnort.

Die Trauerfeier für den südafrikanischen Freiheitshelden dürfte wohl eines der größten der Geschichte werden. Medienberichten zufolge werden alle lebenden US-Präsidenten zur Beisetzung Mandelas anreisen und zahlreiche weitere Würdenträger vom britischen Kronprinzen Charles bis zum simbabwischen Präsidenten Robert Mugabe.

"Das Begräbnis wird jenem von Papst Johannes Paul II. Konkurrenz machen, zu dem fünf Könige, sechs Königinnen, 70 Staats- und Regierungschefs sowie zwei Millionen Gläubige gekommen waren", schreibt die britische Tageszeitung "The Guardian" (Onlineausgabe). Das Weiße Haus teilte dem US-Nachrichtensender CNN bereits mit, dass die Regierung in Washington bereits an der Reiseplanung für US-Präsident Obama arbeite.

Aus Präsidentschaftskanzlei und Bundeskanzleramt hieß es am Freitag auf APA-Anfrage, es sei noch zu früh für Aussagen über die österreichische Beteiligung an den Trauerfeiern.

Graffiti von Mandela an der Hausmauer jenes Krankenhauses, in das er zuletzt öfter eingeliefert wurde. Foto: AP/Hadebe

Mindestens zehn Tage Trauer

Laut "Business Day" werden die Trauerfeierlichkeiten zehn Tage lang dauern. Sie könnten sich aber auch länger hinziehen, um einer möglichst großen Zahl an Menschen die Gelegenheit zu geben, von Mandela Abschied zu nehmen. Die Zeitung verweist in diesem Zusammenhang auf die 30-tägige Trauerperiode nach dem Tod des tansanischen Präsidenten Julius Nyerere.

USA

Mit Nelson Mandela hat die Welt nach den Worten von US-Präsident Barack Obama einen der einflussreichsten und mutigsten Menschen verloren. Mandelas größtes Erbe sei ein freies und friedliches Südafrika. "Er hat mehr erreicht, als von einem Menschen erwartet werden kann", sagte Obama am Donnerstagabend in einer ersten Reaktion auf den Tod des Anti-Apartheid-Kämpfers und Friedensnobelpreisträgers.

Mandela habe seine eigene Freiheit für die Freiheit anderer geopfert, sagte Obama mit Blick auf die 26-jährige Inhaftierung Mandelas während der Apartheid. Durch seine Politik der Versöhnung habe er ein Beispiel gesetzt. "Ein freies Südafrika im Frieden mit sich selbst als Vorbild für die Welt – das ist Madibas Vermächtnis an seine geliebte Nation." Mandela war der erste schwarze Präsident Südafrikas, Obama ist der erste schwarze Präsident der USA.

Sein eigener Lebensweg sei ohne das Vorbild Mandela schwer vorstellbar, fügte Obama hinzu. "Ich bin einer von ungezählten Millionen, die durch Nelson Mandelas Leben inspiriert wurden." Eine seiner ersten politischen Aktionen seien Proteste gegen die Apartheid gewesen. "Solange ich lebe, werde ich alles tun, um von ihm zu lernen." Mandela war am Donnerstag im Alter von 95 Jahren gestorben.

International

Politiker weltweit haben den früheren Präsidenten Südafrikas, Nelson Mandela, gewürdigt.

Foto: AP / Peter Dejong

Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel:

"Sein Name wird für immer mit dem Kampf gegen die Unterdrückung seines Volkes und der Überwindung des Apartheidregimes verbunden sein. Auch viele Jahre im Gefängnis konnten Nelson Mandela nicht brechen oder bitter machen – aus seiner Botschaft der Versöhnung ist schließlich ein neues, besseres Südafrika entstanden. Nelson Mandelas leuchtendes Beispiel und sein politisches Vermächtnis der Gewaltfreiheit und der Absage an jeglichen Rassismus werden für Menschen auf der ganzen Welt noch lange Zeit eine Inspiration bleiben."

Foto: AP / Johnny Green

Großbritanniens Premierminister David Cameron:

"Ein großes Licht ist heute ausgegangen. Nelson Mandela war ein Held unserer Zeit."

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon:

"Nelson Mandela war ein Gigant für Gerechtigkeit und eine auf dem Boden gebliebene Inspiration. Nelson Mandela hat gezeigt, was für unsere Welt und untereinander möglich ist, wenn wir an Gerechtigkeit und Menschlichkeit glauben, davon träumen und gemeinsam daran arbeiten."

EU-Kommissionschef José Manuel Barroso und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy nannten Mandela einen der größten zeitgenössischen Politiker. "Nelson Mandela verkörperte den Kampf gegen Rassismus, politische Gewalt und Intoleranz. Er verkörperte Gerechtigkeit, Freiheit und Respekt für Menschenrechte."

Russlands Präsident Putin und Gorbatschow:

Der russische Präsident Wladimir Putin hat Nelson Mandela als "einen der herausragendsten Politiker" der Zeitgeschichte gewürdigt. "Bis zum Ende seiner Tage blieb er den leuchtenden Idealen des Humanismus und der Gerechtigkeit treu." Der frühere Sowjetpräsident und Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow (82) nannte Mandela einen großen Menschen und Freund. "Sein ganzes Leben ist ein Vorbild für diejenigen, die an ihr Land denken sowie an die Menschen." Dem Revolutionär Mandela gebühre Dank und ewiges Andenken für seinen Freiheitskampf.

Foto: AP / David Cheskin

Papst Franziskus:

Papst Franziskus würdigte Mandelas Lebenswerk "im Dienste der Menschenwürde". Mandela habe ein "neues Südafrika geformt", hieß es in einem Telegramm des Papstes an den südafrikanischen Präsidenten Jacob Zuma am Freitag. Der Papst lobt den "permanenten Einsatz Nelson Mandelas für die Menschenwürde aller Bürger des Landes".

Die britische Königin Elizabeth II:

Die britische Königin hat sich "tieftraurig" über den Tod Mandelas gezeigt. "Er hat unermüdlich zum Wohle seines Landes gearbeitet, und sein Erbe ist das friedliche Südafrika von heute."

Der Dalai Lama hat Nelson Mandela in einem Kondolenzbrief an die Familie des südafrikanischen Nationalhelden als "großen Führer" gewürdigt, "dessen unerschütterliche und unnachgiebige Entschlossenheit eine Schlüsselrolle bei der Sicherung des Friedens und der Versöhnung während des Übergangs Südafrikas nach der Apartheid-Herrschaft gespielt hat".

Er persönlich vermisse einen guten Freund, den er verehrt und respektiert und noch einmal wiederzusehen gehofft habe, hieß es auf der Webseite des geistlichen Oberhaupts der Tibeter, auf der aus dem Brief zitiert wurde.

Österreich

Heinz Fischer: "Lichtgestalt der Menschlichkeit"

Bundespräsident Heinz Fischer hat den verstorbenen südafrikanischen Nationalhelden als "Lichtgestalt der Menschlichkeit, der Weisheit und Toleranz" gewürdigt. Südafrika verdanke seinen weitgehend friedlichen Weg in das 21. Jahrhundert "in erster Linie der Klugheit und Glaubwürdigkeit von Nelson Mandela", teilte Fischer am Freitag in einer Aussendung mit.

Schon seine erste Begegnung mit dem kurz zuvor aus dem Gefängnis entlassenen Mandela im Spätsommer 1991 habe ihn "zutiefst beeindruckt", sagte Fischer. "Das Ableben von Nelson Mandela bedeutet, dass sich das Leben einer Lichtgestalt der Menschlichkeit, der Weisheit und der Toleranz vollendet hat." Der Bundespräsident übermittelte bei dieser Gelegenheit dem südafrikanischen Volk und seinem Präsidenten "die tief empfundene Anteilnahme der österreichischen Bevölkerung".

Werner Faymann (SPÖ): Welt verneigt sich vor großem Humanisten

"Die Welt verneigt sich vor dem großen Friedensstifter und Humanisten, dessen Tod uns alle betroffen macht", erklärte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) am Freitag zum Ableben des südafrikanischen Anti-Apartheid-Kämpfers und Nationalhelden Nelson Mandela. Dieser habe "ein beeindruckendes Lebenswerk geschaffen".

"Er hat die gewaltfreie Überwindung der Apartheid in Südafrika ermöglicht und dabei immer auf Versöhnung gesetzt. Er wurde für sein jahrzehntelanges mutiges Engagement und seinen Einsatz mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet", so Faymann in einer Aussendung. Es sei Mandelas persönlicher "langer Weg zur Freiheit" gewesen, "den er mit Rechtschaffenheit, Duldsamkeit und Beharrlichkeit gegangen ist. Auf dieser Grundlage war es möglich, die Versöhnung zwischen den einstigen Gegnern einzuleiten, die Entrechtung gesellschaftlicher Gruppen zu überwinden und neue staatliche Strukturen aufzubauen. Nelson Mandelas Weg wird immer ein Beispiel für ein Miteinander und für einen friedlichen politischen Systemwechsel sein", so Faymann.

Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) erklärte gegenüber der APA, der Tod des früheren südafrikanischen Präsidenten reiße "eine tiefe Lücke". "Nelson Mandela hat mit seinem unerschrockenen Eintreten für Gleichberechtigung und Selbstbestimmung Generationen inspiriert und Mut gegeben", so Spindelegger.

Pressestimmen

Auch internationale Tageszeitungen beschäftigen sich am Freitag mit dem Tod des südafrikanischen Anti-Apartheid-Kämpfers und Nationalhelden Nelson Mandela:

"La Repubblica" (Rom):

"Das große Meisterwerk im Leben Nelson Mandelas war sein Leben. So großartig, so reich an wundervollen Ereignissen, so voll von Lehren für die anderen Sterblichen, scheint er damit nicht nur eine, sondern gleich mehrere Biografien füllen zu können. (...) Als Nelson Mandela 1990 aus dem Gefängnis kam, war er über 70 Jahre alt. Ein Alter, in dem die meisten Menschen zurückblicken auf das Erreichte, anstatt nach vorn. Er hatte obendrein 27 Jahre Haft hinter sich. Für ihn war es jedoch, als ob sein Leben mit diesem Tag noch einmal von vorn beginnt. (...) Der Beginn einer unendlich strahlenden Existenz, eines Weltruhms. Er hat ein politisches Wunder geschafft, indem er eine Nation befreit und vereint hat, die von der radikalsten Ungerechtigkeit überhaupt geteilt worden war."

"El País" (Madrid):

"Mit dem Tod Nelson Mandelas haben Südafrika und der gesamte afrikanische Kontinent eine wichtige Bezugsfigur verloren. Südafrika muss nun lernen, ohne seinen Mentor zu leben. Das Land, das von Mandela Abschied nimmt, hat sich in gefährlicher Weise von den Idealen seines Expräsidenten entfernt. Die hohen moralischen Ansprüche, die Mandela bei der Versöhnung von Schwarzen und Weißen gestellt hatte, sind unter den Nachfolgern verschwunden. Südafrika ist zu einem Pulverfass geworden, dessen Zukunft ungewiss ist. Die herrschende Partei ANC unterscheidet sich mit ihren internen Kämpfen und der Korruption kaum von den Regierungsparteien anderer afrikanischer Länder. Es ist die Aufgabe aller Südafrikaner, Mandelas Erbe zu erhalten und zu verhindern, dass es von bestimmten Kräften in Beschlag genommen wird."

"Politiken" (Kopenhagen):

"Mandelas Mut und Vorbildfunktion können kaum überschätzt werden. Er ging voran – und bezahlte zweifellos einen besonders hohen Preis -, aber als die Freiheit über die Unterdrückung gewann, die Menschlichkeit über den Rassismus, die Versöhnung über den Hass und die Demokratie über die Apartheid, war das in erster Linie dem geschuldet, dass sich das südafrikanische Volk gemeinsam mit einem starken und engagierten globalen Mitte-links-Flügel weigerte, etwas anderes zu akzeptieren. Das steht im krassen Gegensatz zu heute. (...) Nelson Mandela ist tot, und damit auch der Kampf des globalen Mitte-links-Flügels für Freiheit und Gerechtigkeit auf der Welt."

"De Telegraaf" (Amsterdam):

"Mit seiner Standfestigkeit hat Mandela seiner Heimat eine andere Zukunft ermöglicht. Es sollte eine Zukunft ohne Gewalt werden. Das ist nicht ganz gelungen. Aber die befürchtete blutige Abrechnung zwischen Weißen und Schwarzen blieb aus. Mit seiner versöhnlichen Art hat Mandela dazu entscheidend beigetragen. Schon vor seinem Tod war Mandela legendär. Er wird in den Gedanken der ganzen Welt weiterleben. Überall ist Mandela für Junge wie Alte ein Symbol der Hoffnung. Der Hoffnung auf eine bessere, gerechtere Zukunft. (...) Doch zugleich stimmt, dass Mandelas schöne Vision für Südafrika leider nicht ganz wahr wurde. Teile des Landes werden von Gewalt und Korruption terrorisiert. Der ANC, der seit den ersten freien Wahlen das Sagen hat, weist diktatorische Züge auf." (APA, 6.12.2013)