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Die Österreichische Diabetes Gesellschaft (ÖDG) empfiehlt - nicht nur in der Adventzeit - weniger Zucker...

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... sondern stattdessen vermehrt Süßstoff zu konsumieren.

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Diabetiker oder übergewichtige Menschen mit einem "süßen Zahn" haben es besonders in der Vorweihnachtszeit nicht einfach. Große Mengen an Süßigkeiten und zuckerhaltigen Getränken wie Glühwein oder Punsch bringen den Insulinhaushalt des Körpers rasch aus dem Gleichgewicht und führen außerdem zu Übergewicht. Die Österreichische Diabetes Gesellschaft (ÖDG) empfiehlt grundsätzlich bei der Zufuhr von Süßigkeiten Maß zu halten und bevorzugt zu Süßstoffen zu greifen, weil diese zu keiner Beeinflussung des Blutzuckers führen.

Süßstoff statt Zucker

Grundsätzlich sollten Diabetiker und übergewichtige Menschen wenig zuckerhaltige Speisen und Getränke konsumieren, für geschulte und gut eingestellte Diabetiker, die eine regelmäßige Blutzuckerselbstkontrolle durchführen, gilt kein absolutes Verbot bezüglich der Zuckerzufuhr. Die Therapieleitlinien der ÖDG empfehlen jedoch eine Begrenzung der Zuckerzufuhr auf maximal 50 Gramm täglich.

Dabei muss der Kaloriengehalt berücksichtigt und die Insulindosis an die in den Süßigkeiten vorhandene Kohlehydratmenge angepasst werden. Bei der Verwendung von Süßstoffen, die keine Kohlehydrate beziehungsweise Kalorien enthalten und damit den Blutzucker nicht beeinflussen, besteht keine Notwendigkeit zur Therapieanpassung. Die Vorteile und möglichen gesundheitlichen Auswirkungen von Süßstoffen sind nach wie vor Gegenstand anhaltender Diskussionen (Shankar et al, Non-nutritive sweeteners: review and update, Nutrition 2013,29:1293). 

Mythen rund um Süßstoff

Zum Süßen von Getränken und Nahrungsmitteln kommen Zuckeraustauschstoffe (wie Isomalt, Sorbit, Xylit oder Mannit), sowie Süßstoffe zum Einsatz. Zuckeraustauschstoffe können vor allem in höherer Menge zur Magen-Darm-Beschwerden (Blähungen, Durchfall) führen. Für Süßstoffe sind bei Einhalten der täglichen empfohlenen Höchstaufnahmemenge keine Nebenwirkungen zu erwarten. Für herkömmliche Süßstoffe wie Aspartam fand sich für den von der FDA empfohlenen Dosierungsbereich kein karzinogener Effekt (Magnuson et al, Aspartame: a safety evaluation based on current use levels, regulations, and toxicological and epidemiological studies. Crit Rev Toxicol 2007).

Eine weitere kontroversiell diskutierte Nebenwirkung von Süßstoffen betrifft den in epidemiologischen Studien möglichen gewichtssteigernden Effekt. "Ein Großteil der Untersuchungen über die ursächlichen Mechanismen beruht jedoch auf tierexperimentellen Projekten mit einer bedingten Umsetzbarkeit auf die Situation beim Menschen", sagt Monika Lechleitner vom Landeskrankenhaus Hochzirl und Vorstandsmitglied der ÖDG.

Argwohn vor E-Nummern

EU-weit sind derzeit acht Süßstoffe zugelassen, die Bekanntesten sind Aspartam, Cyclamat und Saccharin. Dass Süßstoffe mit E-Nummern bezeichnet werden, lässt ebenfalls viele Menschen argwöhnen. Tatsächlich bezeichnen E-Nummern lediglich Zusatzstoffe für Lebensmittel nach den europäischen Vorschriften. So hat zum Beispiel der Süßstoff Steviosid die E-Nummer 960.

Würde man heutzutage "den Zucker" – also Saccharose – entdecken, so wäre dieser ebenfalls mit einer E-Nummer versehen. Süßstoffe werden unter Anwendung komplexer Produktionsschritte zum Teil aus natürlichen Ursprungsquellen hergestellt. Der Süßstoff Aspartam leitet sich etwa aus zwei natürlichen Eiweißbausteinen her. Thaumatin wiederum wird aus der Katemfe-Frucht und Neohesperidin-Dihydrochalcon aus den Schalen von Bitterorangen gewonnen.

Stevia seit Jahrhunderten etabliert

Mit "Stevia", genauer gesagt den Glykosiden, die aus der aus Südamerika stammenden Pflanze Stevia Rebaudiana Bertoni isoliert werden, kam kürzlich ein weiterer Süßstoff natürlichen Ursprungs auf den Markt. Die sogenannten Stevioglykoside sind hochreine Süßstoffe mit einer Süßkraft, die rund 40- bis 300-mal stärker als jene von Zucker ist.

Bedenken zur Zulassung haben sich aus tierexperimentellen Untersuchungen mit negativer Auswirkung auf die Fertilität ergeben. Allerdings wurde laut ÖDG bei diesen Studien, die auch potentiell toxische beziehungsweise mutagene Effekte bei Erwachsenen zeigten, eine unrealistisch große Menge von rund der Hälfte des Körpergewichts an frischen Steviablättern verwendet.

Die Zulassung in der EU bezieht sich auf die hochreinen Steviolglycoside (die Blätter der Pflanze enthalten über 100 pflanzliche Wirkstoffe) und beschränkt die tägliche Zufuhr auf vier  Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag. Stevioglykoside sind als E 960 für die Verwendung in bestimmten Lebensmitteln (Getränken, Süßwaren, Dessertspeisen, Nahrungsergänzungsmittel) zugelassen. In Südamerika ist Stevia laut ÖDG seit Jahrhunderten als Süßungsmittel in Verwendung, in Japan seit den 1970er Jahren.

Kochen mit Süßstoffen

Süßstoff kann man nicht nur zum Süßen von Getränken verwenden, sondern auch zum Kochen und Backen. Allerdings muss man ein paar Dinge beachten: Nicht alle Süßstoffe sind hitzebeständig, manche verlieren beim Kochen oder Backen ihre Süßkraft oder werden bitter. Hitzestabil sind beispielsweise Cyclamat und Saccharin. Den entsprechenden Hinweis findet man auf der Packung.

Neben der Hitzebeständigkeit der Süßstoffe spielt auch die Masse eine Rolle. Da Süßstoffe wesentlich stärker süßen als Zucker, liegt die benötigte Menge an Flüssigsüße weit unter der im Rezept angegebenen Zuckermenge. Außerdem fehlt dem Süßstoff die Bindewirkung, was zum Beispiel bei einem Rühr- oder Biskuitteig problematisch sein kann, denn hier macht der Zucker neben Butter, Eiern und Mehl mehr als ein Drittel der Masse aus.

Mit Süßstoff gelingt der Teig möglicherweise nicht. Wer sichergehen will, sollte nicht den Zucker im Rezept einfach durch Süßstoff ersetzen, sondern gleich ein Backrezept mit Süßstoff wählen. Dann steht diabetiker-freundlichen Keksen nichts mehr im Wege. (red, derStandard.at, 5.12.2013)