Die Aortenklappenstenose ist der häufigste Herzklappenfehler älterer Menschen in Europa - Ursache ist meist zunehmende Verkalkung des wichtigen Ventils. Oft wird eine Herzoperation aufgrund des zu hohen Risikos erst gar nicht in Erwägung gezogen. Für diese Patienten gibt es neuerdings eine schonende Alternative mittels Herzkatheter.

Doch wie bei einer Operation kommt es häufig auch dabei durch Kalkbröckchen zum Verschluss kleinster Blutgefäße im Gehirn. Kardiologen am Herzzentrum des Universitätsklinikums Bonn konnten jetzt in einer Langzeitstudie für den Großteil der Patienten eine verminderte mentale Leistungsfähigkeit aufgrund solcher "Mikroembolien" nach dem Eingriff ausschließen.

Schonende Alternative

Gerhard E. bekam nicht mehr richtig Luft. Seine Aortenklappe war stark verengt und öffnete sich kaum noch. Für den heute 83-Jährigen, der bereits am Herzen operiert war, barg der übliche und bewährte chirurgische Eingriff unter Einsatz der Herzlungenmaschine ein zu hohes Risiko. Doch ohne Klappenersatz war seine Prognose sehr schlecht. So schlug Kardiologe Georg Nickenig von der Uniklinik Bonn eine Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI) als schonende Alternative vor.

Doch birgt auch dieser technologisch ausgereifte und apparativ sehr anspruchsvolle Eingriff bestimmte Risiken, so Nickenig. Denn es können sich dabei kleine Verkrustungen von der verkalkten Herzklappe lösen und im Blutstrom bis zum Gehirn gelangen. So gäbe es beispielsweise bei Eingriffen an einer stark verkalkten Herzklappe ein Schlaganfallrisiko von zwei bis maximal fünf Prozent.

"Mini-Schlaganfälle"

Dagegen wurde bislang die kognitive Leistungsfähigkeit wie Gedächtnis, Orientierung und Konzentration der Patienten im Langzeitverlauf nach der Implantation einer Aortenklappe nicht untersucht. Kardiologe Alexander Ghanem untersuchte diesen Aspekt an 125 Hochrisiko-Patienten – darunter auch an Gerhard E. - und veröffentlichte die Ergebnisse im renommierten Fachmagazin "Circulation: Cardiovascular Interventions".

Mittels MRT-Untersuchungen des Gehirns nach der Aortenklappen-Implantation konnte er sehr häufig mikroskopisch kleine Schlaganfälle beobachten, die durch in das Gehirn verschleppten Kalk der verengten Herzklappe verursacht wurden. Es stellt sich die Frage, ob diese klinisch stummen "Mikroembolien" als Risikofaktor für das späte Auftreten einer Demenz gewertet werden müssen. Ghanem testete und verglich die kognitive Leistungsfähigkeit wie das Erinnerungsvermögen der Patienten vor und nach dem Eingriff: Mehr als 90 Prozent blieb diesbezüglich durchgehend auch über zwei Jahre danach unbeschadet.

Kein Einfluss

Auf der anderen Seite sind betagte Patienten mit Aortenklappenstenose häufig bereits in ihrer kognitiven Leistungsfähigkeit eingeschränkt – möglicherweise durch die verengte Aortenklappe bedingt, die zur Minderdurchblutung unter anderem des Gehirns sorgt. "Erfreulicherweise hatte auch eine auffällig unterdurchschnittliche kognitive Leistung vor dem Eingriff keinen Einfluss auf die geistigen Kräfte unserer Patienten zwei Jahre nach dem Eingriff", sagt Ghanem. Folglich werde die mentale Leistungsfähigkeit auch dieser Patienten durch eine Aorten-Klappenimplantation nicht negativ beeinträchtigt. (red, derStandard.at, 5.12.2013)