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Die Lehrer an der HTL Mödling haben ihre Dienststellenversammlung bereits abgehalten.

 

Foto: APA/Herbert Pfarrhofer

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Vorboten zum Streik? Noch ist nichts entschieden, außer dass heute protestiert wird.

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Wien - Aus Protest gegen das geplante neue Lehrerdienstrecht hielten die Lehrer an den AHS und den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) heute österreichweit Dienststellenversammlungen ab, auch Schüler und Eltern sollten mobilisiert werden. Dabei entfielen im Regelfall zwei Stunden Unterricht - je nach Schule entweder die beiden ersten oder die beiden letzten Stunden. Die Schüler blieben in dieser Zeit den Schulen fern, oder sie werden beaufsichtigt, wenn ihre Eltern das verlangt haben.

Über die Frage, was konkret Gegenstand der Dienststellenversammlungen ist, gab Matthias Hofer, Mediensprecher der AHS-Gewerkschaft, im Gespräch mit derStandard.at im Vorfeld nur spärlich Auskunft. Die Dienststellenversammlungen dienten in erster Linie zur Information der Kollegenschaft über das geplante neue Dienstrecht. Auch zur Frage, ob und welche weitere gewerkschaftliche Maßnahmen getroffen werden sollen, hielt sich Hofer bedeckt. Entsprechende Beratungen würde er aus strategischen Gründen zur Stunde "sicher nicht über die Medien kommunizieren". Nur so viel: Abseits von Streiks stünde den Gewerkschaftern ein "kreatives, breites Betätigungsfeld" zur Verfügung, um den Protest auszudrücken.

Lehrer sammeln "kreativen Input"

Eine denkbare Maßnahme wäre etwa, "fachfremden Unterricht" abzuhalten. "Einer unserer wesentlichen Kritikpunkt am neuen Lehrerdienstrecht lautet, dass fachfremde Unterrichtspersonen künftig für den Unterricht eingesetzt werden sollen, obwohl sie nicht geprüft sind." Auf die Frage, ob angedacht sei, dass etwa ein Geschichtelehrer über einen längeren Zeitraum den Mathematikunterricht bestreitet, sagte Hofer: "Das wäre eine von vielen Möglichkeiten." Derzeit werde an den Standorten kreativer Input gesammelt.

Regierung soll an Verhandlungstisch zurückkehren

Nach wie vor seien die Lehrergewerkschafter guter Hoffnung, dass das geplante Lehrerdienstrecht in der jetzt angedachten Form nicht kommt und die Regierungsparteien nicht weiter "stur am sozialpartnerschaftlichen Bruch festhalten". Einmal mehr forderte Hofer die Regierung auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Zur Frage, ob im Zuge der Proteste nicht Schüler für die Agenda der Lehrer instrumentalisiert würden, sagte Hofer: "Ich glaube nicht, dass sich junge Menschen instrumentalisieren lassen, sonst würden sie sicher laut aufschreien." Schüler würden sich aus eigenen Stücken dem Protest anschließen.

Pflichtschulen informieren außerhalb der Unterrichtszeit

An den Pflichtschulen will die Gewerkschaft die Lehrer außerhalb der Unterrichtszeit über von ihr geortete Mängel der Reform informieren. Sie fordert unter anderem mehr Unterstützungspersonal, Fächerzulagen für Volksschullehrer bei Schularbeiten und mehr Ressourcen für Individualisierung und Sonderpädagogik. Mit ihrer Unterschrift sollen die Pflichtschullehrer zeigen, "dass man in Österreich über eine wesentliche Berufsgruppe, die für die Zukunft unserer Kinder und damit unser aller Zukunft verantwortlich ist, nicht so einfach drüberfahren kann", wie es im Begleitbrief des von Christgewerkschaftern und sozialdemokratischen Gewerkschaftern erstellten Infopakets heißt. "Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen!"

Die von AHS- und BMHS-Gewerkschaft massiv kritisierte Anhebung der Unterrichtsverpflichtung auf 24 Wochenstunden ist hingegen kein Thema. Auch das Gehalt wird im Informationsmaterial nicht bemängelt, die neue Staffel bringe für diese Gruppe "mit wenigen Ausnahmen höheren Lebensverdienst".

Ergebnis am 16. Dezember

Am 16. Dezember, einen Tag vor dem geplanten Beschluss des Dienstrechts im Parlament, soll das Ergebnis der Unterschriftenaktion präsentiert werden, so der oberste Pflichtschullehrervertreter und Verhandlungsführer der ARGE Lehrer, Paul Kimberger (FCG). Ein Nationalratsbeschluss ist aus seiner Sicht noch nicht fix, er ortet Unmut bei so manchem Abgeordneten. Und auch wenn die Reform abgesegnet werden sollte, sehe er noch Spielraum: "Das wäre nicht das erste Gesetz, das noch vor seinem Inkrafttreten novelliert wird."

An den AHS und BMHS wird zunächst zwar ebenfalls auf Information der Kollegen gesetzt. Durch die Dienststellen- und gewerkschaftlichen Betriebsversammlungen wird dort am Donnerstag allerdings sehr wohl Unterricht entfallen - wenn auch nur für zwei Stunden. AHS-Lehrervertreter Eckehard Quin (FCG) geht davon aus, dass die Gymnasien flächendeckend Versammlungen abhalten werden. Die Schulen wurden gebeten, auch Schüler- und Elternvertreter einzuladen. In einem Schreiben wurden sie bereits vom Bundes-Schulgemeinschaftsausschuss (SGA), einem inoffiziellen Zusammenschluss von Schüler-, Eltern- und Lehrervertretern an AHS und BMHS, vor einem drohenden Qualitätsverlust durch die Reform gewarnt.

"Das ist sicherlich nicht das Ende"

Konkret befürchtet der Bundes-SGA den Einsatz von geringer qualifizierten Lehrern und äußert Bedenken, dass Pädagogen Fächer unterrichten müssen, für die sie nicht ausgebildet wurden. Im Zuge der Verhandlungen hatte die Gewerkschaft vor allem die höhere Unterrichtsverpflichtung von 24 statt derzeit an AHS und BMHS je nach Fach 17 bis 22 Stunden und den befürchteten Einkommensverlust kritisiert. Für Quin sind die Informationsveranstaltungen freilich nur ein erster Schritt im Widerstand gegen das neue Dienstrecht: "Das ist sicherlich nicht das Ende."

Hearing im Parlament

Das Lehrerdienstrecht soll am 17. Dezember im Parlament beschlossen werden. Am 12. Dezember steht im Verfassungsausschuss des Nationalrats ein Expertenhearing auf dem Programm. Die Experten für das nach derzeitigem Stand nichtöffentliche Hearing im Verfassungsausschuss werden von den Fraktionen nominiert. FPÖ-Bildungssprecher Walter Rosenkranz hoffte in einer Aussendung, dass durch die Anhörung der Expertenmeinungen "ein konstruktiver und konsensueller Dialog angekurbelt wird und sich auch Lehrerstreiks vermeiden lassen". "Festgefahrene Positionen" will er nötigenfalls durch Abänderungsanträge aufweichen.
(APA, burg, derStandard.at, 5.12.2013)