Bild nicht mehr verfügbar.

Spindelegger bei seinem Besuch bei Fischer.

Foto: apa/Neubauer

Video vom Treffen.

Wien - Nach dem Besuch von Vizekanzler Michael Spindelegger bei Bundespräsident Heinz Fischer haben SPÖ-Politiker die "Verzögerungstaktik" der ÖVP bei den Regierungsverhandlungen kritisiert.  Verkehrsministerin Doris Bures erklärte im Ö1-"Mittagsjournal",  sie verstehe die Aufregung der vergangenen Stunden nicht ganz. Es gebe bereits Verhandlungsergebnisse - auch beim Thema Staatsfinanzen. Die ÖVP solle jetzt Farbe bekennen. Spindelegger hatte den Präsidenten am Mittwoch über Schwierigkeiten bei den Verhandlungen informiert.

Sollte die ÖVP doch keine rot-schwarze Regierung wollen, "dann ist über die Alternativen der Vizekanzler zu fragen", so Bures. Sie verstehe nicht, warum die ÖVP Maßnahmen vorschlage, "die mit Reformen nichts zu tun haben".

Niessl macht Druck

Der burgenländische Landeshauptmann und SPÖ-Koalitionsverhandler Hans Niessl wirft der ÖVP Verzögerungstaktik vor. Er will sich keine Reformunwilligkeit von der ÖVP vorwerfen lassen. Er warte weiterhin auf Bewegung bei der ÖVP bei der Besteuerung von "Superreichen".

"Ich bin der Meinung, dass wir bis Weihnachten eine stabile Regierung in Österreich brauchen", sagte Niessl. Die Toleranz der Bevölkerung neige sich dem Ende zu. In Richtung ÖVP meint der SPÖ-Verhandler, man dürfe nun nicht taktieren, sondern müsse Nägel mit Köpfen machen, etwa in Richtung Verwaltungs- und Bildungsreform.

Den Knackpunkt sieht Niessl in der von der SPÖ geforderten Reichenbesteuerung. Menschen, "die keinen volkswirtschaftlichen Beitrag leisten, etwa jene, die Geld im Ausland oder in Stiftungen geparkt haben, gehörten zur Kasse gebeten. Konkret sprach Niessl Agrarstiftungen an. Auch Erbschaften über 1 Million Euro will die SPÖ weiterhin besteuern und dem Pflegebereich zweckwidmen. "Es geht um faire Verteilung."

Die Staatsreform-Gruppe, in der Niessl ÖVP-Verhandler Andreas Khol gegenübersitzt, ist die Arbeit bereits abgeschlossen: "Wir sind uns in vielen Bereichen einig." Worin konkret wollen beide Seiten allerdings gemeinsam kommunizieren. 

Busek kritisiert ÖVP-Führung

Mit deutlicher Kritik an seinem Parteikollegen Spindelegger ließ auch der frühere ÖVP-Chef Erhard Busek aufhorchen. Auf die Frage, welche Strategie ÖVP-Chef Michael Spindelegger dieser Tage verfolgt, antwortet Busek: "Ich glaube, dass er ein Kommunikationsproblem hat. Das, was ich höre – und zwar bis in seine Nähe –, ist offensichtlich die Schwierigkeit, dass er quasi mit niemandem redet oder glaubt, im Besitz der Wahrheit zu sein." Busek bezeichnet Spindeleggers Vorgangsweise als "keine kluge". Diese würde das Bild der Volkspartei in der Öffentlichkeit verengen.

Spindelegger: Verhandlungen kein Spiel

Fischer gab nach dem Gespräch mit Spindelegger kein Statement ab. Der Vizekanzler betonte nach dem Treffen in der Hofburg, dass es bei den Verhandlungen um kein Spiel gehe, sondern dass es sich um eine ernsthafte Situation handle. Er habe dem Bundespräsidenten im Gespräch "dargelegt, wo es derzeit hakt und wo die Schwierigkeiten" sind. Der ÖVP-Chef verwies darauf, dass Österreich ein Strukturdefizit von 13 Milliarden Euro zu bewältigen habe, und er habe Fischer versichert, dass man alles unternehmen werde, dieses zu bewältigen. Um die notwendigen Reformen umzusetzen, brauche es aber "Beweglichkeit vom Partner".

"Gesagt, warum es derzeit nicht weitergeht"

Was Fischer zu seinem Bericht gesagt habe, wollte Spindelegger nicht wiedergeben. Es sei aber wichtig für ihn gewesen, zu sehen, wo es hakt und wo die Probleme liegen. Der Vizekanzler bekräftigte, dass man nicht nur auf die Zeit schauen solle, sondern auch auf den Inhalt. Über die Fertigstellung der Koalitionsverhandlungen sei zwar gesprochen worden, auf ein Datum habe man sich aber nicht festgelegt. Spindelegger habe Fischer "gesagt, warum es derzeit nicht weitergeht", Reformen seien das Gebot der Stunde.

Der Präsident habe ihm auch zugesagt, dass er ebenso mit SPÖ-Chef und Verhandlungspartner Werner Faymann sprechen werde. Als "ins Gewissen reden" wollte Spindelegger dies aber nicht verstanden wissen. Freilich hofft er, dass ein persönliches Gespräch "immer etwas bewegt". Fortschritte sind aus seiner Sicht noch bei der Verwaltungsreform, Privatisierungen oder der Aufteilung von Kompetenzen zwischen Bund und Ländern zu erzielen.

Auf die Frage nach etwaigen Alternativen zur Fortführung der großen Koalition erklärte Spindelegger: "Ich denke nicht an Alternativen." Er arbeite dafür, dass man zusammenkommt, weil es notwendig sei, für Österreich einen Pfad vorzuzeichnen. Einen Verhandlungsabschluss könne es erst geben, "wenn sich was bewegt". "Wenn man nicht zusammenkommt, gibt es keine Koalition." 

Treffen mit den Landeshauptleuten

Der Konflikt zwischen SPÖ und ÖVP dürfte allerdings nur Geplänkel sein, denn die Regierung versucht offenbar Anfang kommender Woche Nägel mit Köpfen zu machen, was die künftige Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern angeht. Für Montagvormittag wurde nach Informationen der APA im Kanzleramt ein Treffen zwischen Regierung und Landeshauptleuten anberaumt. Damit dürfte auch klar sein, dass es in dieser Woche zu keinem Abschluss der Regierungsverhandlungen mehr kommt.

Themen haben Bund und Länder genug. Dies beginnt bei der angedachten "Verländerung" der Lehrer und endet bei den von den Ländern zu stemmenden Steuerausfällen. Auch die Reform des Bundesrats und die Beseitigung von Doppelförderungen sowie allfällige weitere Strukturvereinfachungen in der Verwaltung betreffen die Kompetenzen beider Gebietskörperschaften. (red, derStandard.at/APA, 4.12.2013)