Österreich ist wieder bei einem Ranking "erfolgreich". Nämlich beim Korruptionsindex von Transparency International. Der Korruptionsindex misst das Maß an Freiheit von Korruption, und da sind wir im vergangenen Jahr von Platz 16 auf Platz 25 abgerutscht und heuer noch einen Punkt auf Platz 26.

Im EU-Vergleich liegen nur die mediterranen Mitgliedstaaten und die neuen Mitgliedstaaten (die allerdings von einer deutlich schlechteren Ausgangsposition gestartet sind) noch schlechter als Österreich.

Der Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) ist ein zusammengesetzter Index aus vergleichenden Länderanalysen durch Unternehmensberatungsagenturen, NGOs und Stiftungen sowie Umfragen unter Managern vor allem international tätiger Unternehmen aus den vergangenen Jahren. "Gemessen wird beim CPI die Wahrnehmung der Verbreitung von Bestechlichkeit sowie effektiver Mechanismen zur Bekämpfung und Prävention von Korruption im öffentlichen Sektor der jeweiligen Staaten", so der österreichische Politikwissenschafter Hubert Sickinger, Vizepräsident des Beirats von Transparency International - Austrian Chapter.

In diese Bewertung sind natürlich vor allem die Medienberichte über die zahlreichen Verfahren und Vorerhebungen - Hypo Alpe, Adria, Telekom, Strasser, Grasser etc. - eingeflossen. Bis zu einem gewissen Grad ist das "gefühlte Korruption", zum Teil ohne rechtskräftige Verurteilungen. Aber entscheidend ist, wie Eva Geiblinger, Sprecherin von Transparency, sagt, die Auswirkung auf den Ruf Österreichs.

Wie könnte eine "Theorie der österreichischen Korruption" aussehen? Sind wir ein Spezialfall oder doch im internationalen Trend? Sind der Kapitalismus, der Neoliberalismus und die internationale Finanzspekulation schuld, wie ein beliebtes linkes Erklärungsmuster lautet?

Wahrscheinlich muss man von einer Grundstruktur und darauf gelagerten neueren Entwicklungen ausgehen. Österreich ist ein Land mit einem hohen Anteil an staatlich beeinflusster und damit auch parteipolitisch beeinflusster Wirtschaft. Das begünstigt Korruption zugunsten von Parteien - siehe Telekom-Zahlungen an Parteien, hauptsächlich BZÖ oder HypoAlpeAdria. Das war immer schon so, ob unter Schwarz, Blau oder Rot. In den letzten Jahren gab es allerdings auch eine private Philosophie des "Gier ist gut" (angeblich, weil sie die Wirtschaft antreibt). Das hat smarte Abzocker und Blender nach oben gespült, die ihre private Bereicherung als Wirken des unbestechlichen Marktes verkaufen konnten. Paradebeispiel der Freundeskreis Karl-Heinz. Auch diese Leute waren überwiegend im Bereich öffentliche Wirtschaft tätig, aber etliche schafften es auch, private Anleger (Meinl International Power, Immofinanz) draufzahlen zu lassen. Das hieß nicht "Weniger Staat, mehr privat", sondern "Nur ich".

Die Korrekturphase ist durch eine aktivere Justiz zwar angelaufen, aber so schnell werden wir uns am Korruptionsindex nicht verbessern. Und die alten Fälle - Grasser z. B. - sind längst nicht abgeschlossen. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 4.12.2013)