Labyrinthisches Wohnmodell von Christoph Raitmayr in Innsbruck.

Foto: Landesmuseum Ferdinandeum

Innsbruck - Welche drei Dinge würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen? Eine Frage, die dem Antwortenden abverlangt, sich aufs Wesentliche zu reduzieren. Künstler Christoph Raitmayr lotet dies höchst präzise in seiner Serie von "Inseln" aus, Architekturmodellen, die gemeinsam mit fotografischen oder objekthaften Reproduktionen zu bühnenbildartigen Ensembles arrangiert sind.

Zu sehen sind diese Inseln in der Ausstellung I see you from my window im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, und sie offenbaren so manche persönliche Präferenz: Zu zwei detailgetreuen Segelschiffmodellen gesellen sich zwei entzückende Einfamilienhäuschen sowie Fotografien, die zum einen die Gischt einer heftigen Brandung, zum anderen Klippen und ein felsiges Ufer mit Leuchtturm zeigen: Die Inszenierung einer Urlaubsidylle, wären da nicht die weiteren Inseln. Auf einer anderen sind zwar ebenfalls hübsche Einfamilienhäuser zu sehen (Raitmayr orientierte sich dabei an Entwürfen für die Wiener Werkbundsiedlung 1932), jedoch irritieren die dunklen Wälder und verwahrlosten Stätten auf den beigefügten Fotos. Auf einer Art Sehnsuchtsinsel steht auf dem Nachtkästchen eines Miniaturbettes das Bild eines verträumten Mädchens.

Auf jeder dieser Inseln scheint man wie Alice im Wunderland in eine unheimliche innere Welt zu kippen. Denn der 1977 geborene Künstler, der das Modellhafte bei Erwin Wurm gelernt, aber sein Studium bei Bruno Gironcoli absolviert hat, lässt in jeder Insel die beklemmende Isolation und Beziehungslosigkeit einer geschönten Gegenwart aufblitzen.

Gerade im sorgfältigen Kombinieren von Modell und Fotografie scheint die Vereinsamung umso deutlicher und nüchterner durchzubrechen: Fotografien und Reproduktionen bekannter Gemälde entstammen alle der Bilderflut des Internets. Dort ist der Zugang zu einer persönlichen Insel - virtuell - jederzeit möglich; die Inseln im echten Leben sehen allerdings ein wenig anders aus, manchmal sind sie auch Albträume. Diese kommen in zarten Bleistiftzeichnungen von gigantischen Wohntürmen ins Bild. Wie in einem Elfenbeinturm sind diese Behausungen nur über endlose Stufen, hohe Bäume, verschachtelte Treppen oder endlose dunkle Öffnungen erreichbar. Einblicke in die menschliche Psyche. (Tereza Kotyk, DER STANDARD, 4.12.2013)