China schickt sein Mondfahrzeug "Jadehase" mit der Rakete auf die große Reise.

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Start in Xichang: Eine Trägerrakete vom Typ "Langer Marsch" bringt die "Mondfee" ins All.

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Bei Pekings jüngster Mondmission, die vom Sichuaner Raumbahnhof Xichang startete, mussten chinesische Bauern hunderte Kilometer vom Abschussort entfernt, um ihr Leben fürchten. Nur mit großem Glück kamen zwei Familien im weit entfernten Kreis Suining im zentralchinesischen Hunan unverletzt davon, als kesselgroße Teile der Trägerrakete ihre Häuser trafen. Das berichten erstmals Hunaner Lokalzeitungen am Dienstag. Auch auf die noch weiter entfernte Nachbarprovinz Jiangxi fielen meterlange Kompaktteile des Raketenmantels, schlugen eine Bresche in einen Bambushain und stürzten in ein Berggebiet ab.

Pünktlich am frühen Montag um 1.30 Uhr war die 56,4 Meter hohe Trägerrakete "Langer Marsch 3-B" mit der unbemannten Mondfähre Chang'e 3 an Bord von Xichang aus zum Mond gestartet. Chang'e 3 ("Mondfee 3") ist ein Prestigeprojekt der chinesischen Raumfahrt. Sie soll erstmals auf dem Erdtrabanten am 14. Dezember landen und ein Mondmobil zur Erkundung aussetzen. Aber nicht alles ging nach Plan.

Acht Minuten nach dem live im Fernsehen übertragenen Bilderbuchstart schreckte um 1.38 Uhr ohrenbetäubender Krach Bauer Yang Weihan und seine Frau im Dorf Xiaotian vom Schlaf auf. Er beschrieb es der Hunaner Zeitung Xiaoxiang Chenbao. Er hörte einen "Knall, vielfach lauter als ein Donnerschlag". Kurz darauf folgte der Einschlag. Ein Teil der ersten abgeworfenen Raketenstufe durchschlug das Dach und landete im zweiten Stock seines Getreidesilos. Die Wucht des Aufpralls hatte die Türen zum Speicher aufgerissen. Am Montagmorgen seien dann Funktionäre zu ihm gekommen. Sie verhandelten nicht lange. Yang erhielt 10.800 Yuan (1300 Euro) auf die Hand für den Schaden am Silo und seinem Reis.

6,5 Meter langes Teil

Weiter östlich auf gerader Linie in der Nachbarprovinz Jiangxi landeten gegen 1.45 Uhr zwei Riesenteile des Raketenmantels in einem Berggebiet und in einem Bambushain, nur 150 Meter von einem Haus entfernt, meldete die Nachrichtenagentur Xinhua. Eines der in sich gebogenen Teile des abgesprengten Raketenmantels war 6,5 Meter lang und sechs Meter breit.

China schrammte um ein Haar an einem Unglück vorbei. Immer wieder haben in den vergangenen 20 Jahren nach Satellitenstarts auf die Erde zurückstürzende Raketentrümmer Häuser und Scheunen getroffen, offenbar aber bislang keine Personen getötet oder verletzt. Diesmal hatten die Raumfahrttechniker als mögliche Absturzstelle für die Raketentrümmer ein betroffenes Kreisgebiet von 700 Quadratkilometern in Hunan mit elf Dörfern und gesamt 160.000 Einwohner kalkuliert.

Die beiden getroffenen Häuser liegen in dem Kreis Suining. Wie die Xiaoxiang Chenbao berichtet, wurden die Anwohner vorab gewarnt. Am 1. Dezember seien 1100 Milizen und Funktionäre gekommen, um Verhaltensregeln zu erklären. Die meisten hätten sich an die Gefahren nach Raketenabschüssen gewöhnt, behaupten Lokalzeitungen.

Mit fatalistischem Galgenhumor würden die Bauern in Suining von "Gästen, die vom Himmel fallen", sprechen. Größtes Problem sei, dass keine Versicherung solche Schadensfälle abdeckt. So müssten sie jedes Mal um ihre Entschädigung schachern. Nach dem Start eines Kommunikationssatelliten für Venezuela zerstörte ein Raketenteil Ende Oktober 2008 das Dach des Bauern Yuan Zailian in einem anderen Dorf im selben Kreis. Er bekam nur 2000 Yuan dafür.

Vor dem Start der Mondmission hätten sich die Behörden wegen der großen Trägerrakete "Langer Marsch" um mehr Sicherheit gesorgt. Sie hätten 20.000 Menschen aus dem Kreis Suining evakuiert und viele von ihnen in Schulen untergebracht. Zur Überbrückung der Zeit wurden Spielfilme gezeigt, unter anderem Mission Impossible. (Johnny Erling aus Peking, DER STANDARD, 4.12.2013)