Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) wird am 23. Dezember 100 Jahre alt. Am Tag vor dem Heiligen Abend des Jahres 1913 unterzeichnete der damalige US-Präsident Woodrow Wilson das Gesetz "Federal Reserve Act" und setzte es damit formal in Kraft.

War sie in den ersten Jahren noch eine Notenbank unter vielen und im Vergleich zur altehrwürdigen Bank von England (BoE) sehr jung, wird die Fed nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem unaufhaltsamen Siegeszug des Dollar zur Leitwährung die wichtigste Zentralbank auf dem Globus – daran hat sich bis heute nichts geändert.

Eine Chronik der Ereignisse

  • Die Vorgeschichte: 1873-1907/1913

Die 40 Jahre vor der Gründung der Fed als Zentralbank der Vereinigten Staaten waren gekennzeichnet durch Bankenkrisen und Bankruns. Die beiden schwersten Krisen, 1893 und 1907, konnten nur durch das beherzte Eingreifen des US-Finanzmoguls J. P. Morgan gelöst werden. Es wird immer klarer: Die USA benötigen eine Zentralbank, die im Krisenfall als eine Art letzter Kreditgeber (lender of last resort) fungiert und damit das Rückgrat des gesamten Bank- und Finanzsystems darstellt.

  • Die Gründung: 1912/13

In diesen beiden Jahren kristallisiert sich immer stärker die Struktur des künftigen Federal-Reserve-Systems heraus. Bis heute besteht es aus einer Zentrale in Washington und Filialen in den einzelnen Landesteilen. Eine herausgehobene Stellung kommt der Fed of New York zu, da sie am Bankenplatz Nummer eins sitzt. Das dezentrale System ist ein Kompromiss der Gründerväter der Fed zwischen dem Interesse der Banken und der Öffentlichkeit. Die Banken sind an den regionalen Ablegern der Fed beteiligt, die Vertreter der Filialen bestimmen mit über die Geldpolitik. Am 23. Dezember 1913 unterzeichnet dann der Präsident das entsprechende Gesetz – die Geburtsstunde der Fed.

Das Board der Federal Reserve im Jahr 1917.

In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg verfeinert die Fed ihr geldpolitisches Instrumentarium. Federführend dabei sind der erste Leiter der New Yorker Fed, der erfahrene Banker Benjamin Strong. Unter seiner Ägide schafft es die Fed 1923, durch den Aufkauf von Staatsanleihen eine Rezession einzudämmen. Ausgehend von dieser Erfahrung werden sogenannte Offenmarkt-Operationen, bei denen die Notenbank durch direkte Geschäfte mit den Banken ihre Geldpolitik umsetzt, zum Standardverfahren. Alle modernen Notenbanken nutzen heutzutage derartige Geschäfte für die Refinanzierung der Kreditinstitute bei der Zentralbank.

  • Große Wirtschaftskrise: 1929-1930

In der Weltwirtschaftskrise versagt die Fed aus heutiger Einschätzung, da sie nicht entschieden genug gegen die damit verbundene Deflation vorgeht. Manche Kritiker werfen ihr sogar vor, zur Verlängerung der Krise beigetragen zu haben, in deren Folge in den USA Millionen Menschen arbeitslos werden und allein zwischen 1930 und 1933 fast 10.000 Banken in die Pleite schlittern.

  • Unabhängigkeit: 1935-1951

Wirklich unabhängig von der Regierung ist die Fed in ihren ersten Jahren nicht. Erst langsam wird die junge Institution zu einer selbstständigen Macht innerhalb des Staatsgefüges der USA. Ein erster Schritt wird mit dem Bankengesetz von 1935 getan, aufgrund dessen etwa der Offenmarktausschuss eingerichtet wird, das bis heute entscheidende Gremium in Sachen Geldpolitik. Zugleich hat der Finanzminister kein Recht mehr, an den Sitzungen des Board of Governors teilzunehmen, des Vorstands der Notenbanker in der Washingtoner Zentrale.

Im Zweiten Weltkrieg erklärt sich die Fed auf Drängen der Regierung offiziell dazu bereit, die Zinsen künstlich niedrig zu halten, um dem Staat eine möglichst billige Refinanzierung seiner Kriegsaktivitäten zu erlauben. Als die Regierung eine Fortsetzung dieser Geldpolitik auch zur Finanzierung des Koreakriegs fordert, ist Konflikt programmiert. Er wird 1951 mit dem sogenannten Treasury-Fed-Accord beendet, der für die Fed einem Sieg auf ganzer Linie gleichkommt. Sie wird wieder alleinige Herrin über ihre Geldpolitik.

  • Inflation und Deregulierung: 1970er- bis 1980er-Jahre

In den 1970er-Jahren zieht die Teuerung massiv an, während die Wirtschaft vor sich hin dümpelt. Als Paul Volcker 1979 das Amt des Fed-Chefs übernimmt, fackelt er nicht lange. In den nächsten Jahren erhöht er die Zinsen drastisch auf zeitweise mehr als 20 Prozent und nimmt eine schwere Rezession in Kauf. Am Ende ist die Inflation unter Kontrolle und Präsident Jimmy Carter sein Amt los. Bei vielen Notenbankern genießt Volcker wegen seines Mutes damals noch heute allerhöchstes Ansehen.

In die Amtszeit Volckers fällt auch der Beginn einer beispiellosen Deregulierungswelle der Finanzwirtschaft. Deren Höhepunkt kommt dann aber erst 1999, als der aus den 30er-Jahren stammende Glass-Steagall-Act abgelöst und das Trennbankensystem in den USA damit de facto abgeschafft wird.

  • Trügerische Ruhe: 1990er-Jahre bis 2006

Die folgenden Jahre unter der Ägide des legendären Fed-Chefs Alan Greenspan sind parallel zur fortschreitenden Deregulierung der Finanzwirtschaft von einer trügerischen Ruhe gekennzeichnet – zumindest im Nachhinein betrachtet. Greenspan, der nur zwei Monate vor dem großen Börsencrash von 1987 sein Amt angetreten hat, hält die Zinsen niedrig und beschert den Vereinigten Staaten die längste Phase wirtschaftlicher Expansion in Friedenszeiten. Nach den Anschlägen auf das World Trade Center am 11. September 2001 verhindern das Vertrauen auf Greenspans Fed, eine beherzte Zinssenkung und Milliarden Dollar an zusätzlicher Liquidität noch schlimmere Verwerfungen im Finanzsystem der USA.

  • 2006/07 bis heute

Greenspan hält die Zinsen noch länger sehr niedrig – aus heutiger Perspektive nach Ansicht vieler Kritiker zu lange. Mit den Folgen haben die USA und die Weltwirtschaft bis heute zu kämpfen. Die ersten Probleme, die dann zur schwersten Finanzkrise seit den 30er-Jahren führen, werden 2006/07 sichtbar, als es zu einem Crash auf dem US-Immobilienmarkt kommt.

Im September 2008 folgt dann der Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers, der zu Schockwellen auf den Finanzmärkten führt, den Welthandel zum Erliegen bringt und die Welt in eine Rezession stürzt. Die Fed reagiert wie die meisten anderen Notenbanken mit massiven Zinssenkungen bis auf fast null Prozent und milliardenschweren Geldspritzen. Es dürfte noch Jahre dauern, bis diese Milliardensummen wieder aus dem Geldkreislauf der Welt verschwunden sein werden. (APA/Reuters, 18.12.2013)