Der üppig ausgestaltete Festsaal ist das Herzstück des neuen Bauwerks.

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Foto: Robert Newald

Im Imagefilm wurden auch Archivaufnahmen vom Brand gezeigt.

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Die Pläne wurden in zwei Jahren Bauzeit umgesetzt.

Foto: APA/schreinerkastler/Wien 3420 AG

Wien – Zwölf Jahre nach dem verheerenden Brand der Sofiensäle wurde am Montag der große Vorhang gelüftet. Bürgermeister Michael Häupl ließ sich am Eröffnungsabend entschuldigen und Projektentwickler Erwin Soravia allein die restaurierte Fassung des einst beliebten Veranstaltungsorts im dritten Bezirk vorzeigen. Hinter der historischen Fassade verstecken sich nun der mit Blattgold behübschte Prunksaal im überglasten Hof und rundherum ein Hotel, ein Restaurant, ein Fitnessstudio und 68 Wohnungen.

Soravia wies in seiner Ansprache auf die bewegende Vergangenheit des Bauwerks in der Marxergasse hin, "zu der mehr gehört als nur die Architektur. Die 'Sofie' hatte eine Kraft, eine Ausstrahlung, und die wollten wir ihr zurückgeben."

Multifunktionslocation

Die zwei Jahre dauernde Restaurierung war freilich nur das kurze, letzte Kapitel des Hauses, dessen Geschichte 1838 als "Sophienbad" begann – ein russisches Dampf- und Heilbad, in dem die Wiener sich gesundschwitzten.

Nach Plänen der Architekten Eduard van der Nüll und August Sicard von Sicardsburg entstand zur Mitte des 19. Jahrhunderts daraus etwas, das in heutigem PR-Sprech vielleicht als Multifunktionslocation bezeichnet würde: Das große Schwimmbecken deckte man im Winter mit Brettern zu und machte es zum Tanzboden eines Ball- und Konzertsaals.

Überfordert von Johnny Depp

Johann Strauß Sohn ließ mehrere seiner Premieren im mit 2700 Sitzplätzen größten öffentlichen Lokal Wiens aufführen. Den noch lebenden Besuchern der Sofiensäle ist wohl Johnny Depps skandalöser Auftritt im Jahr 1997 besser in Erinnerung: Der Schauspieler war für kolportierte 1,5 Millionen Schilling als Sänger einer Rockband im Einsatz, bis ein Manager der Sofiensäle den Strom kappte: Angeblich weil das Publikum die Musik nicht vertrug.

Bis auf einzelne Clubbings und Studentenpartys stand das Haus in der Folge meistens leer und verwitterte. 2001 wurde das löchrige Dach zwei Wochen lang abgedichtet. Am 16. August, dem plangemäß letzten Tag der Reparaturen, entzündete sich im Dachstuhl ein Feuer: "Augenzeugen erzählten sich am Einsatzort, dass sie gegen 12.00 Uhr bei Flämmarbeiten am Dach der Sofiensäle zugeschaut hätten", stand in einer ersten Meldung: "Plötzlich sei ein Arbeiter hektisch mit einem Kübel Wasser umhergelaufen."

Ein Kübel genügte nicht

Der Kübel war nicht genug, und auch vierzig Feuerwehrwagen samt Besatzung nicht. Die "Sofie" brannte bis auf ihre Grundmauern nieder. Der verantwortliche Dachdeckermeister wurde später zu einer dreimonatigen bedingten Haftstrafe wegen fahrlässiger Herbeiführung einer Feuersbrunst verurteilt.

Der Besitzer Julius Eberhardt sah im Brand eine willkommene Gelegenheit, die Ruine vom 1986 erteilten Denkmalschutz befreien zu lassen. Die Statiker spielten aber nicht mit und attestierten den Mauern "ausreichende Standfähigkeit". Eberhardt verkaufte die Liegenschaft 2006 an die teilstädtische Arwag Holding, über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.

Die Pläne der Arwag für die rundumerneuerten Sofiensäle blieben allerdings ein Luftschloss. Mehr Durchhaltevermögen zeigte in dieser Sache die Linzer Ifa AG, eine Tochter der Soravia Group. Aus dem beim Kauf 2010 verlautbarten Investitionsvolumen von 22 Millionen Euro wurden zwar 50 Millionen, der Zeitplan jedoch hielt mit Ende 2013.

Aussicht auf Kultur

Bereits im Oktober haben die ersten Mieter der 68 Wohnungen ihre neue Bleibe bezogen, die meisten sehen vom Balkon direkt in den neu gestalteten Fest- und Veranstaltungssaal, das Herz des Bauwerks. Mit gut zehn Euro pro Quadratmeter kommen die Bewohner der 47 geförderten Wohneinheiten aus, die größer angelegten Wohnungen in den oberen Etagen werden frei finanziert.

Die Architektur des Zubaus dominieren nun ganz modern Glas, Beton und rechte Winkel. Davor erinnert aber die originalgetreu restaurierte Fassade an die 175 Jahre alte Wiener Institution: Ein Baujuwel hat sich aus der Asche erhoben – oder zumindest sein Antlitz und sein Herz. (Michael Matzenberger, derStandard.at, 2.12.2013)