Prato - Ausbeutung von Arbeitskräften und das Fehlen fundamentalster Sicherheitsvorkehrungen - Zustände, wie sie nach Unglücken in Asien bekannt wurden, dürften in der toskanischen Textilfabrik geherrscht haben, in der am Wochenende bei einem Brand sieben Chinesen getötet und drei schwer verletzt worden sind. Bei den Opfern handelte es sich um illegale Migranten, so Ermittler am Montag.

Nach dem Feuer in der Stadt Prato bei Florenz wurden Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung eingeleitet. Die Untersuchungen liefen auf Hochtouren. In der Toskana herrschte unterdessen Bestürzung.

Eine Zigarette oder ein defekter Ofen könnten die Katastrophe ausgelöst haben. Das Feuer konnte sich wegen der entflammbaren Stoffe in der Fabrik schnell ausbreiteten. Das Dach des Gebäudes, in dem hauptsächlich Kleidung hergestellt wurde, und eines daran angeschlossenen Schlafsaals stürzten teilweise ein. Die Opfer wurden von dem Feuer in ärmlichen Behausungen oberhalb eines Verkaufsraums überrascht, die meisten vermutlich im Schlaf.

Arbeiten in sklavenähnlichen Verhältnissen

Ein Mann starb, als er verzweifelt am Gitter eines Fensters der Fabrik rüttelte. Die Arbeiter wohnten laut Medienberichten vermutlich illegal in der Fabrik, die chinesischen Geschäftsleuten gehört.

In der Gegend zwischen Florenz und Prato, wegen der Kleider- und Lederwarenproduktion international bekannt, leben und arbeiten seit Jahren tausende Chinesen in sklavenähnlichen Verhältnissen. In Prato gibt es eine starke Konzentration von Textilfabriken unter chinesischer Kontrolle. In der Stadt hat sich in ein Zentrum chinesischer Billig-Textilfabriken entwickelt.

7.000 chinesische Migranten leben laut offiziellen Angaben in der 200.000 Einwohner-Gemeinde. Laut den Behörden halten sich jedoch mindestens weitere 43.000 illegale chinesische Einwanderer in den Fabriken der Stadt auf. In Pratos Industriebezirk Macrolotto betreiben Hunderte chinesische Großhändler Textil- oder Exportgeschäfte, viele von ihnen am Rande der Legalität.

Forderung nach Einsatz gegen Schwarzarbeit

Der Präsident der Region Toskana, Enrico Rossi, rief die Behörden und die Regierung zu einem geschlossenen Einsatz gegen Schwarzarbeit und Sklaverei in der Industrie auf. "Wir dürfen nicht zulassen, dass in der Toskana Menschen als Sklaven ausgebeutet werden", sagte Rossi.

"Diese Tragödie erinnert uns daran, dass die Produkte aus den chinesischen Fabriken in unserem Land so günstig sind, weil bei ihrer Produktion nicht nur bei der Qualität gespart wird, sondern auch bei der Menschenwürde der Arbeiter", betonte die Parlamentarierin der Oppositionspartei Forza Italia, Deborah Bergamini. Gewerkschafter in Prato meinten, man hätte mit einer derartigen Tragödie schon gerechnet. Sie bemängelten unzureichende Kontrollen.

Die Chinesen gelten als die "geheimnisvollste" Ausländergemeinschaft in Italien: Denn kaum eine Immigrantengruppe lebt so in sich geschlossen. In den 80er-Jahren lebten nur 2.000 Chinesen in ganz Italien, heute sind es 150.000. Sie machen fünf Prozent aller legal im Land lebenden Ausländer aus. Jedes siebente ausländische Unternehmen, das in Italien gegründet wird, ist in chinesischer Hand. Jeder fünfte Chinese in Italien macht sich selbstständig und gründet ein Unternehmen. (APA, 2.12.2013)