Der nicht mehr ganz so supergeheime Geheimdienst NSA schnüffelt also auch nach, was - unbescholtene - Islamisten im Internet für Pornos anklicken. Als vom Moralin gut durchsäuerter Propagandist gegen die Verderbtheit des Westens gehört sich so was nämlich gar nicht.

Den Predigern soll durch Preisgabe ihrer schwachen Momente der Boden weggezogen werden, auf dem sie die Radikalisierung schüren. Im Vergleich zu Drohnenangriffen auf Hochzeitspartys wirkt das wie eine smarte Form des "War on Terror". Auch in Sachen Schadenfreude werden die Lacher wohl aufseiten der US-Spione sein. Auf den zweiten Blick aber sollte uns das Lachen im Hals stecken bleiben.

Zwar mag es opportun sein, die Doppelmoral radikaler Islamisten - Burka predigen, Porno gucken - offenzulegen. Doch die Kämpfer für die Freiheit schießen sich in letzter Konsequenz nur selbst ins Knie, wenn sie dafür genau jene Werte verletzen, zu deren Verteidigung sie angetreten sind.

Wer als Proponent der Freiheit ebendiese so fortgesetzt mit Füßen tritt, wie die USA das seit 2001 - und auch unter Obama - tun, der stellt sein eigenes moralisches Gerüst mindestens ebenso infrage wie das jener, die er bekämpft.

Porno schauen mag aus vielen Gründen fragwürdig sein. Die individuelle Freiheit unbescholtener Bürger deswegen so freizügig zur Disposition zu stellen, ist es noch viel mehr. (corti, DER STANDARD, 2.12.2013)