Ein friedliches Europa ist was anderes. "Die Bosnier streiten, ob der Princip ein Held oder ein Terrorist war", sagt ein Diplomat zum STANDARD. "Und deswegen gibt es keine gemeinsame Historikerkonferenz in Sarajevo." Andere Beobachter in der bosnischen Hauptstadt meinen, dass sich die ausländischen Botschaften partout nicht einigen hätten können. "Die Sichtweisen sind sehr verschieden. Es war ja auch Euer Erzherzog, der da getötet worden ist", sagt ein Vertreter eines EU-Staates. "Jedenfalls war es nicht möglich, die verschiedenen Standpunkte zusammenzubringen." Manche bedauern, dass die Europäische Union nicht schlichtend eingegriffen hat und die Sache so eskaliert ist.

Faktum ist, dass es zwar sicherlich eine Historikerkonferenz geben wird, diese wird aber weder von der Stadt unterstützt noch von der Stiftung "Sarajevo, Herz Europas", weil diese eine andere Historiker-Konferenz organisieren wollten, die wiederum höchstwahrscheinlich nicht zustande kommt. Die sicherlich stattfindende Historikerkonferenz bekommt wiederum keine EU-Förderung, obwohl acht Universitäten in Europa involviert sind. Der Grund: Frankreich will nur eine Konferenz unterstützen, die alle Standpunkte vereinigt, als wo auch Vertreter der Republika Srpska (RS) dabei sind, der mehrheitlich serbisch besiedelten Entität von Bosnien-Herzegowina.

"Uns wurde etwa vorgeworfen, dass wir nur die repräsentieren, die den Krieg verloren haben",sagt der Leiter des Historischen Instituts der Universität Sarajevo und Organisator der Konferenz, Husnija Kamberović.

"Aber aus der Republika Srpska hat sich niemand bei uns beworben."

Aktiv unterstützt wird die Konferenz jedoch von den Universitäten Regensburg, Graz, Skopje, Sofia, Ljubljana und Zagreb. Auch Professoren der Universität Belgrad kommen. Mehr als 120 Wissenschafter aus 28 Staaten werden Beiträge zur Historiografie, dem Attentat und der Kriegszeit selbst (insbesondere der Rolle der Frauen) liefern. Als wichtigster Redner kommt der britische Historiker Mark Mazower nach Sarajevo. Kamberović will keine Politiker dabei haben. Sowohl er als auch die Gegenseite betonen, dass sie die Historikerkonferenz nicht politisieren wollen. Doch diese ist leider längst ein Politikum geworden. Auch Kamberović liefert sich über Medien einen Schlagabtausch mit einem anderen Historiker. Es geht natürlich auch um Geld.

Hinter der Stiftung "Sarajevo, Herz Europas" steckt eine Initiative der französischen Regierung, die federführend die Feierlichkeiten koordinieren will. Sie verwaltet eine der zwei Millionen Euro, die die EU-Kommission für den Anlass zur Verfügung stellt. In der Stiftung sind neben Frankreich auch Deutschland, Großbritannien, Italien, Spanien und Österreich, sowie die Stadt Sarajevo vertreten. Die zweite Million Euro stellt die EU-Kommission für bosnische Projekte zur Verfügung.

Die französische Regierung hat bereits 2012 einen Vertrag mit der Stadt abgeschlossen. "Die Rolle von Frankreich ist insofern besonders, als die EU-Kommission Frankreich nominiert hat, weil Frankreich die meisten Opfer im Ersten Weltkrieg hatte", so Vizebürgermeister Ranko Čović. Tatsächlich hat kein anderer Staat in Sarajevo so viel Initiative gezeigt wie Frankreich.

Gemeinsam mit Österreich organisiert man am 28. Juni ein Konzert der Wiener Philharmoniker im neu restaurierten Rathaus, der Vijećnica, die 1992 von den bosnisch-serbischen Truppen bombardiert wurde und in Flammen aufging und mit ihr zehntausende wertvolle Bücher. Ausgestrahlt wird das Konzert der Philharmoniker vom Französischen und Bosnischen Fernsehen und dem ZDF.

In der Vijećnica sollen übrigens auch Exponate zum Attentat ausgestellte werden. Denn in dem ehemaligen Rathaus, in dem später in jugoslawischer Zeit die Nationalbibliothek untergebracht war, soll auch ein Museum der Stadt Sarajevo Platz finden.

Zudem wird "eine Nachahmung der Tour de France" (Čović) stattfinden, zu der ehemalige Gewinner des Wettbewerbs kommen werden. Erfreulich ist, dass die Stadt Sarajevo dabei mit dem mehrheitlich von Serben bewohnten Ost-Sarajevo zusammenarbeiten wird. So wird etwa die Seilbahn auf den Trebević restauriert. Denn Sarajevo feiert auch den 30. Jahrestag der Olympischen Spiele.

Deswegen wird auch das Olympische Museum - übrigens ein Gebäude, das die Österreicher errichtet haben - auf dem Hügel über dem Zentrum der Stadt restauriert. Es ist nicht nur ein wunderschönes Gebäude, die Olympischen Spiele in Sarajevo sind auch etwas, worauf die Stadt bis heute stolz ist. Das Gebäude wurde ebenfalls im Krieg (1992-1995) zerstört.

Die Stadt Sarajevo wird auch gemeinsam mit der Stadt Wien eine Ausstellung mit zeitgenössischer Kunst zum Thema "Die Würde des Menschen" organisieren. (Adelheid Wölfl aus Sarajevo/DER STANDARD, 30. 11. 2013)