Amerikanische Wissenschaftler haben einen neuartigen Gel-Wundverschluss entwickelt, der sich chemisch wieder auflösen und so schonend entfernen lässt.

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Bei einer Erstversorgung müssen Wunden rasch und effektiv verschlossen werden, um den Blutverlust zu stoppen und Infektionen zu vermeiden. Für die Behandlung im Krankenhaus muss der provisorische Wundverschluss wieder entfernt werden: eine Prozedur, bei der eine zusätzliche Schädigung des verletzen Gewebes oft nicht vermeidbar ist. Amerikanische Wissenschaftler stellen in der Zeitschrift "Angewandte Chemie" jetzt einen neuartigen Gel-Wundverschluss vor, der sich chemisch wieder auflösen und so schonend entfernen lässt.

Provisorischer Wundverschluss

Verletzungen, die in entlegenen Gebieten, fernab der Zivilisation oder bei einem militärischen Einsatz auftreten, können oft erst Stunden später in einer Klinik versorgt werden. Umso wichtiger wäre hier ein provisorischer Wundverschluss, der die Blutung für mehrere Stunden stoppt, fest auf dem Gewebe haftet, leicht aufzutragen ist und sich anschließend kontrolliert wieder auflösen lässt, um die Wunde während der operativen Versorgung nach und nach wieder freizulegen. Alle diese Forderungen erfüllt bisher allerdings kein einziges der derzeitig verfügbaren Wundverschluss-Systeme. Bei der Entfernung blutstillender Wundverschlüsse ist ein Abreißen oder operatives Wegschneiden unumgänglich, was die Wunde vergrößern und verschlimmern kann.

Wissenschaftler von der Boston University und dem "Beth Israël Deaconess Medical Center" in Boston haben jetzt einen Wundverschluss auf Basis eines synthetischen biokompatiblen Gels entwickelt, der alles oben genannte erfüllt. Das Gel ist über verzweigte Thioester vernetzt. Das Forscherteam setzt für die Wiederauflösung dieser Gele auf eine als Thiol-Thioester-Austausch bezeichnete chemische Reaktion. Dabei reagiert eine Thioester-Bindung mit einem Thiolat-Anion, wobei neue Thioester und Thiolate entstehen.

Vorteil der Reaktion: Sie findet in wässriger Umgebung bei physiologischen Bedingungen statt. Der Reaktionstyp kommt auch bei natürlichen biologischen Prozessen vor. Wird das Thioester-Gel mit Cystein-Methylester behandelt, einem Reagenz auf Basis einer schwefelhaltigen Aminosäure, werden die Thioester-Brücken rasch gespalten und das Gel löst sich auf.

Über Tage intakt

Wunden werden versorgt, indem einfach zwei Ausgangsstoffe gemischt und aufgetragen werden. Das Gel bildet sich dann innerhalb von Sekunden, haftet auch unter Belastungen und bleibt über mehrere Tage intakt. Aus der Wunde austretende Flüssigkeit saugt das Gel auf. Bei Behandlung mit Cystein-Methylester löst sich der Wundverschluss innerhalb von 30 Minuten auf. Um eine Venenverletzung zu simulieren, füllten die Forscher ein Stück der Drosselvene eines Rindes mit Pufferlösung und stachen es auf. Durch Auftragen des Gels ließ sich die verletzte Vene vollständig verschließen, erst nach Auflösen trat wieder Pufferlösung aus. (red, derStandard.at, 29.11.2013)