Wien - Die Vorschläge, die bisher aus der koalitionären Arbeitsgruppe zur Staatsreform und zum Ausbau der direkten Demokratie durchgedrungen sind, stoßen nicht gerade auf Begeisterung. So will das rot-schwarze Verhandlerduo Hans Niessl und Andreas Khol eine Kommission damit beauftragen, eine parlamentarische Enquete mit Parteienvertretern, Bürgerinitiativen und Experten auszurichten. Vorgesehene Dauer für die Beratungen zur Reform von Volksbegehren & Co: bis zu einem Jahr. Für eine Aufwertung von erfolgreichen Volksbegehren etwa bräuchte Rot-Schwarz dann eine Zweidrittelmehrheit im Parlament - und damit die Zustimmung von Blau oder Grün.
Doch die Grüne Daniela Musiol befürchtet durch dieses Prozedere "eher ein Staatsbegräbnis" für all die Vorschläge, die nach jahrelangen Verhandlungen längst auf dem Tisch liegen, als "eine partizipative Weiterentwicklung" - und drängt darauf, dass nun vor allem Bürgerinitiativen "sinnvoll eingebunden" werden.
Auch Heinrich Neisser, einst Zweiter Nationalratspräsident der ÖVP und Mitbegründer des Demokratievolksbegehrens, hegt Bedenken. Zwar haben die Initiatoren des Plebiszits einst eine parlamentarische Kommission gefordert - aber nicht bloß zum Ausbau der Instrumente der direkten Demokratie, sondern für eine umfassende Demokratiereform, die sich auch mit Vorschlägen für ein Mehrheitswahlrecht sowie dem Ausbau der Kontrollrechte im Parlament auseinandersetzt - "damit ein großes Konzept herauskommt und nicht so eine kleine Fuzzelei", wie Neisser bereits argwöhnt.
Verspottung der Bürger
Dass Rot und Schwarz keinen großen Wurf planen, legen auch die Aussagen von SPÖ-Klubchef Andreas Schieder und Staatssekretär Reinhold Lopatka nahe, die sich in der Ö1-Sendung Klartext zur Empörung der Opposition beide äußerst skeptisch über das Einsetzen von U-Ausschüssen als Minderheitsrecht geäußert haben - obwohl der Ausbau dieses Kontrollrechts zuvor schon als ausgemachte Sache galt.
Ein anderer Vorschlag von Burgenlands Landeshauptmann Niessl & Co. sieht eine Direktwahl der Bundesräte (gleichzeitig mit Landtagswahlen) vor, um den Bundesrat aufzuwerten, wodurch dieser etwa formale Fehler in Nationalratsbeschlüssen korrigieren könnte. Für den Verfassungsrechtler Theo Öhlinger käme das "einer Verspottung der Bürger" gleich, denn: "Hier sollen Funktionäre direkt gewählt werden, die in Wahrheit gar keine Funktion haben." Ähnlich Neisser: "Eine Direktwahl löst das Problem nicht, dass der Bundesrat ein zahnloses Gremium ist. Das zentrale Thema, dass wir zwei Kammern haben, von der eine kaum Länderinteressen vertreten kann, bleibt damit offen."
Der Politologe Hubert Sickinger geht zwar davon aus, dass eine Direktwahl der Bundesräte kaum Mehrkosten verursacht, aber auch er meint: "Das ist kein Ausbau der direkten Demokratie, sondern einer der repräsentativen. Vielleicht werden dadurch die Bundesräte in der Bevölkerung bekannter, aber machtpolitisch hat das keinerlei Auswirkungen." (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 29.11.2013)