Die letzte Pressestunde schlägt noch immer Wellen. Es geht wieder einmal um das Verhältnis der FPÖ zu kritischem Journalismus, aber auch um Privatsphäre von Politikern - und Journalisten.

Der Ablauf war zusammengefasst so (Nachbetrachtung möglich in der TVthek des ORF-Pressestunde vom 24. 11. ab etwa Minute 10) : Die ORF-Moderatorin Patricia Pawlicki fragt Strache, was er tun könnte, um den geringen Bekennermut etwa von Wirtschaftsexperten zur FPÖ zu verbessern. Daraufhin geht Strache unvermittelt über eine Grenze: "Sie beide (Pawlicki und der "Krone"-Innenpolitikchef Claus Pándi, Anm.) haben ja auch ein Umfeld, das Sie prägt." Zu Pándi: "Sie haben eine Gattin, die in der Nähe des Bundeskanzleramts tätig war und ist." Zu Pawlicki: "Sie haben einen Gatten, der Chefredakteur des Kurier ist ..." ("Und Sie sind Single", wirft darauf Pándi in boshafter Anspielung auf die vor kurzem öffentlich zelebrierte Entlobung Straches ein). Pawlicki hingegen fragt Strache, was er für ein Frauenbild habe, wenn er ihren Mann ins Spiel bringt, und enthüllt, dass die FPÖ das Haus des Ehepaares "abgefilmt" hat und sie, Patricia Pawlicki "gestalkt" habe. Das sei nur eine Revanche dafür gewesen, dass der Kurier auch im Frühjahr das Haus seiner Verlobten in Klosterneuburg fotografiert habe. Eklat.

Die Wahrheit ist, dass der Kurier eine Story über Straches Nebenwohnsitz bei der Verlobten brachte. Mit (nicht erkennbarem) Foto des Hauses. Das hätte sich die Zeitung übrigens sparen können.

Allerdings entschuldigt das in keiner Weise, dass Strache in der Pressestunde die jeweiligen vollkommen unbeteiligten Ehegatten der Leute, die ihm als Interviewer gegenübersitzen, ins Spiel bringt. Sippenhaftung hat es zuletzt unter den Nazis gegeben.

Dafür, dass die FPÖ bei unliebsamen Journalisten schnüffelt und auch Stalking nicht verabscheut, könnten mehrere Kollegen, aber auch ich Zeugnis ablegen. Öffentlich bekannt vor etlichen Jahren wurde die "Polizeispitzel"-Affäre, bei der ein Mitglied der freiheitlichen Polizeigewerkschaft angab, FP-nahe Polizisten hätten über Anstiftung von FP-Politikern Journalisten (auch mich) und Künstler durch den Ekis-Computer der Polizei gejagt (die FP stritt das empört ab). Lokalbesitzer in meiner Wohngegend informierten mich darüber, dass sich seltsame Herrschaften bei ihnen (als vermutete FP-Sympathisanten) über den Lebenswandel des "bekannten Haider-Feindes" Rauscher erkundigten. Personen, die aus dem Dunstkreis von FP-Medien stammten, sprachen Familienmitglieder auf der Straße an, ob sie nicht "besorgt" über meine kritische Meinung zur FPÖ seien. Usw.

Die Hemmschwellen fallen generell. Frank Stronach arbeitete in den TV-Wahlduellen dauernd mit persönlichen Untergriffen. Was sich im Kärntner Team Stronach abspielte, hat den Schmuddelfaktor 10. Die Sitten aus dem deutschen Prolo-TV reißen auch im öffentlich-rechtlichen ORF ein (der wenigstens die Sippenhaftung in der Pressestunde verurteilte).

Aber es ist doch immer wieder die FPÖ (und ihr einschlägiges "Umfeld"), die über alle Grenzen geht. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 27.11.2013)