Bei Viva konnten sie sich alle austoben: In "Ma' kuck'n" wirbelte 1995 ein blutjunger Stefan Raab - kanariengelbes Hemd, lange Haare - durch die Kulissen seiner Samstagabendshow. In der Sendung "Fast Forward" präsentierte Charlotte Roche Musik und Achselhaare. Was immer man davon halten mochte: Der Sender, der am 1. Dezember vor 20 Jahren seinen Betrieb aufnahm, stand für etwas Neues.

"Viva war ein neues Lebensgefühl für die junge Generation, und wir waren ein Teil davon", sagt Moderatorin Aleksandra Bechtel (41), die in den Anfangsjahren vor der Kamera stand. Viva, das war ein ambitioniertes Projekt einiger deutscher TV-Macher, angestoßen vom Medienunternehmen Time Warner. Gemeinsam wollten sie dem amerikanischen Sender MTV etwas entgegensetzen. Auch deutsche Musik sollte ihren Platz haben - und damit besser vermarktet werden können.

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Am 1. Dezember 1993 startete Viva seine ersten Minuten Sendezeit konsequenterweise mit dem Videoclip einer deutschen Band - die Fantastischen Vier sangen "Zu geil für diese Welt". Die Sendungen fanden ihr Publikum. Im Jahr 1995 starteten die Macher sogar den Ableger Viva Zwei. Mit MTV gab es einen erbitterten Kampf um Quoten und Marktanteile. Auch wenn Viva dabei immer der Ruf anhaftete, ein bisschen weniger hip und cool zu sein.

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Matthias Opdenhövel moderierte damals die "Viva-News". In einer Sendung berichtete der heute 43-Jährige über ein Phänomen, "das es in Deutschland noch nicht so oft gibt: ein Internetcafe". Opdenhövel, der mittlerweile große Shows bei der ARD moderiert, fasst seine Jahre bei dem Sender so zusammen: "Viva war ein wunderbarer medialer Kindergarten, in dem wir alle das Laufen gelernt haben."

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In den 2000er Jahren ruckelte es im Sender. 2004 übernahm der amerikanische Medienriese Viacom die Viva Media AG. Viacom, Eigner von MTV, machte aus den beiden ehemaligen Konkurrenzsendern nun Schwestern. Die Stimmung in Köln verschlechterte sich. Redakteure wurden entlassen, Aushängeschilder wie "Interaktiv" gestrichen, der Umzug des Senders nach Berlin stand bevor. Sendergesichter wie Charlotte Roche oder Sarah Kuttner protestierten vergeblich gegen den Wandel.

Die nächste große Zäsur folgte 2011, als MTV ins Pay-TV verlagert wurde. Viva kam seither die Rolle zu, die zahlungsunwilligen MTV-Zuschauer abzufangen.

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Heute sind Viva und sein Programm ein bunter Strauß: Gezeigt werden amerikanische Dokusoaps ("Teen-Mom 2", "Style Star") ebenso wie Zeichentrickserien oder Eigenproduktionen (etwa: das Gaming-Magazin "Game One"). Zwischendurch finden sich auch noch ein paar Musiksendungen im Programm, zum Beispiel "Get the clip", die "Supercharts" oder "Unplugged"-Konzerte von MTV.

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Mit einem Anteil von 55 Prozent sei die Musik immer noch ein "wesentliches Merkmal in der Sender-DNA", lässt Viva verlauten. "Viva ist ein Entertainmentkanal für die junge Zielgruppe", sagt die Sendersprecherin Tina Ziegler. Das wichtigste Format des Senders seien die "Viva Top 100", eine Show mit den offiziellen Media Control Charts.

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Joan Kristin Bleicher, Professorin für Medienwissenschaft an der Universität Hamburg, meint, dass die Sendermarke trotz aller Umbauten auch heute noch existent ist. "Die Marke Viva ist im Bewusstsein vieler Zuschauer noch immer verankert, auch wenn sie dort nicht länger nur Musik erwarten." Für die Musikindustrie sei Viva noch immer eine wichtige Plattform für die Präsentation ihrer Videos. Aber auch internationale Formatanbieter würden hier einen Distributionskanal finden für Angebote, die sie bei größeren Sendeanstalten nicht unterbringen könnten. (Laura Gitschier, dpa, 26.11.2013)

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