Bild nicht mehr verfügbar.

Die Fremdwährungsdarlehen bereiten vielen Ungarn weiterhin große Sorgen.

Foto: Reuters/Balogh

Wien – Unverständliche Klauseln, widersprüchliche oder fehlende Bestimmungen: Es gibt kaum etwas in einem Kreditvertrag, was Gyula Barabás noch nicht gesehen hätte. Barabás, ein freundlicher Herr in den Mittvierzigern, arbeitet als Konsumentenschützer in Budapest. In einer umfunktionierten Zweizimmerwohnung unweit des Zentrums betreibt er eine Beratungsstelle für Schuldner, die ihre Bankraten nicht mehr bezahlen, können oder nicht wollen. Gegen eine Gebühr übernimmt Barabás die Verhandlungen mit der Bank und zieht wenn nötig vor Gericht.

Über mangelnde Arbeit kann er sich nicht beklagen. Die in Ungarn tätigen Banken werden derzeit mit einer Klagewelle überzogen – laut dem Nachrichtenportal origo.hu sind bei den Gerichten etwa 3000 Verfahren anhängig. Im Kern der Auseinandersetzungen stehen die umstrittenen Fremdwährungskredite. Etwas mehr als 220.000 in Euro und Franken vergebene Hypothekendarlehen gibt es in Ungarn noch, die meisten wurden vor Krisenausbruch vergeben, als der Kreditmarkt kaum reguliert war.

In den vergangenen Monaten sind unzählige Klagen gegen Nebenabreden in den Darlehensverträgen eingereicht worden. Die meisten betreffen Klauseln, die den Banken einseitige Zinsanhebungen erlaubten. Viele Prozesse betreffen auch die angeblich zu hohen Kosten für den Währungsumtausch. Die "schlimmsten" Nebenabreden gibt es in den Verträgen der österreichischen Raiffeisen und der französischen Axa-Bank, sagt Barabás. Am schwersten zu verhandeln sei mit der Erste Bank. "Die wollen bei Streitereien nie nachgeben, dafür weisen ihre Verträge juristisch weniger Probleme auf" , so Barabás.

Urteile ohne Präzedenzwirkung

Ein Problem für die Konsumentenschützer war bisher, dass die ungarischen Gerichte nur von Fall zu Fall entscheiden können, ihre Urteile also keine Präzedenzwirkung entfalten. Hier dürfte bald das Höchstgericht in Budapest Abhilfe schaffen: Am Montag hat das Gericht eine Grundsatzprüfung der Fremdwährungskredite im Land angekündigt. Das Höchstgericht will einige der umstrittensten Fragen bezüglich der Darlehen rechtsverbindlich klären, bereits am 16. Dezember treffen sich die Richter zu Beratungen.

Der Entscheid könnte für die Banken zu einer teuren Angelegenheit werden. Denn die Höchstrichter wollen unter anderem prüfen, ob Frankenkredite überhaupt Frankenkredite sind. Die Fremdwährungskredite in Ungarn werden zwar in Franken (oder Euro) verrechnet, das heißt, der Kunde trägt ein Kursschwankungsrisiko.

Doch die Bank zahlte den Kunden die Kredite in Forint aus, die Schuldner dürfen ihre Raten auch nur in Forint begleichen, weshalb einige Kläger der Meinung sind, dass es sich bei den Devisendarlehen eigentlich um Forintgeschäfte handelt. Sollte sich das Höchstgericht dem anschließen, müssten beeinspruchte Verträge rückabgewickelt werden. Die Banken in Ungarn haben allein 5,6 Milliarden Euro an Hypothekendarlehen ausständig. (András Szigetvari, DER STANDARD, 26.11.2013)