Österreichische Journalisten wünschen sich ehrliche und mutige Politiker. Das geht aus einer von der Österreichischen Gesellschaft für Politikwissenschaft durchgeführten Studie zum Thema "Political Leadership" hervor. Grundsätzlich sei eine "Sehnsucht nach verantwortungsvollen Führungspersönlichkeiten" zu erkennen, wie Studien-Koautorin Bettina Pepek bei der Präsentation am Montag erläuterte.

In einem dreistufigen Verfahren wurden zwischen 2011 und 2013 Chefredakteure und Innenpolitikjournalisten heimischer Medien zum Thema befragt. 23 Jahre nach seinem Tod werden österreichischer Politiker noch immer an Bruno Kreisky gemessen, wie Pepek betonte. Bezüglich aktueller Beispiele für Führungspersönlichkeiten haben sich hingegen mehr als ein Drittel der Befragten einer Nennung enthalten.

Journalisten wenig selbstkritisch

Eine Besonderheit stellen wiederum die Landeshauptleute dar, denen Journalisten einen erheblichen Einfluss zusprechen. Eine Absage erteilten sie wiederum Klientelpolitik auf Regierungsebene, wo aus Sicht der Journalisten den Staatsinteressen eindeutig der Vorzug vor Parteipolitik zu geben wäre. Die eigene Rolle der Journalisten im Beziehungsgeflecht zwischen Politik und Medien wird der Studie zufolge weniger selbstkritisch reflektiert.

Laut Politikwissenschafter Anton Pelinka gelte es zu hinterfragen, warum es ein Jammer ist, "wenn wir kein Alphatier vor uns haben. Woher kommt diese Sehnsucht, warum verlassen wir uns nicht auf uns selbst?" Aus seiner Sicht sind es gerade "strukturelle Voraussetzungen", die in diesem Zusammenhang zu bedenken sind, wie er bei der anschließenden Podiumsdiskussion im Presseclub Concordia betonte.

Wunsch nach "Persönlichkeiten"

So könnten nicht zuletzt Landeshauptleute zum Teil auf längerfristige stabile Mehrheiten setzen, die es ihnen auch ermöglichen, sich medial als Leader zu positionieren. Die Antworten der Journalisten in der Studie würden von "einer gewissen Naivität" zeugen. Veränderungen seien in den vergangenen Jahrzehnten stark von der Gesellschaft ausgegangen, wobei "tüchtige Leader reagiert und wahrgenommen haben, was aus der Gesellschaft kommt".

Ö1-Redakteur Stefan Kappacher interpretierte den Wunsch nach Ehrlichkeit seitens der Journalisten eher in Richtung Offenheit, "eben keine Phrasendrescherei". Aus seiner Sicht würden sich in den Antworten keine Alltagsbefindlichkeiten manifestieren. "Wir wollen vor allem Persönlichkeiten, die wissen, wie sie ihren Job erledigen."

Progressives Modell von Leadership

Laut Iris Ullmann, die ebenfalls an der Studie mitgearbeitet hat, hat sich wiederum ein progressives Modell von Leadership, bei dem "eher agierend und ermöglichend gehandelt wird", noch nicht bei den befragten Journalisten durchgesetzt. Die Beurteilung der politischen Führung sei dennoch ein "Trauerspiel", wurde sie in der Befragung doch großteils eher negativ bewertet. Daher könne man auf eine "enorme Enttäuschung aufseiten der Journalisten" schließen. (APA, 25.11.2013)