STANDARD: Sie sind mit 95,5 Prozent der Stimmen am Wochenende auf dem Landesparteitag in Wels zum neuen Chef der SPÖ Oberösterreich gewählt worden. Das kann doch kein attraktiver Job sein, wenn man sich den Zustand der Partei ansieht?
Entholzer: Man macht ja nicht nur immer attraktive Jobs. Es hat immer schwierige Zeiten gegeben, gerade dann muss man sich der Herausforderung stellen.
STANDARD: Aber sind es nicht viel eher hausgemachte Probleme statt schwierige Zeiten, mit denen die SPÖ kämpft? Stichwort Versorgungsjobs: Für Ex-Klubobmann Josef Cap wird beim Renner-Institut ein lukrativer Führungsposten geschaffen, und der Linzer Ex-Stadtrat Johann Mayr wird Geschäftsführer der SPÖ Oberösterreich Privatstiftung. Beide Positionen wurden bisher ehrenamtlich ausgeübt. Ist da nicht Ärger programmiert?
Entholzer: Auch ich sage klar, dass ich das nicht für richtig halte. Aber je größer eine Firma, eine Bewegung ist, desto eher gibt es natürlich auch Sachen, die nicht richtig laufen. Aus meiner Sicht ist es nicht in Ordnung, wie Cap das gemacht hat. Und es ehrt uns als Partei, dass dies bei uns immer besonders kritisch gesehen wird. Beim Fall Mayr kommen noch andere Aspekte hinzu: Der Swap und der Zeitpunkt seiner Ankündigung, nach seinem Rücktritt als Stadtrat wieder auf den Posten des Gebietskrankenkassenchefs zurückzukehren, waren mehr als unglücklich. Aber wie mit ihm menschlich umgegangen wurde, ist grob fahrlässig. Ich trete nicht auf einen Menschen, der schon am Boden liegt. Grundsätzlich muss man sich jedoch schon langsam überlegen, wer wird den Job des Politikers noch machen, wenn nachher alle sagen, das sind nur Versorgungsjobs, die sie später machen.
STANDARD: Am 2. Dezember beginnt der Strafprozess gegen Mayr in der Causa Swap. Stimmt es, dass die SPÖ Herrn Mayr den Anwalt zahlt?
Entholzer: Das weiß ich nicht, von der Landesorganisation ist es mir nicht bekannt.
STANDARD: Obwohl Sie selber aus der Gewerkschaft kommen, halten Sie der Lehrergewerkschaft bei den Verhandlungen zum neuen Dienstrecht mangelnde Flexibilität vor.
Entholzer: Eines vorweg: Ich kenne die Details natürlich nicht. Von außen schaut es für die Gewerkschaft so aus, als hätte sie die 35 Verhandlungsrunden gemacht und sich dabei gar nicht bewegt. Es macht den Eindruck, als sei die Bereitschaft der Lehrergewerkschaft, nur Nein zu sagen, eine sehr hohe. Das ist zu wenig. Ich höre bisher nicht, warum und wieso man dagegen ist.
STANDARD: Ursprünglich hatte die Sozialistische Jugend eine Resolution für eine Mitgliederbefragung über eine Regierungskoalition auf dem Welser Parteitag beantragen wollen. Der Antrag wurde abgeschwächt, von einer Urabstimmung ist nichts mehr zu lesen.
Entholzer: Ich halte es nicht für schlau, eine Mitgliederbefragung zu machen. Vielmehr sollte in einem erweiterten Gremium den Funktionären vorgestellt werden, wie die Koalitionsverhandlungen gelaufen sind. Denn es ist wichtig, den Prozess nachvollziehen zu können. Es ist leider so, dass man in einer Koalition Kompromisse machen muss.
STANDARD: Das klingt nicht nach jener aufmüpfigen Landesorganisation, die in Person von Josef Ackerl in Wien immer wieder gegen die Bundespartei polterte.
Entholzer: Der Standort bestimmt den Standpunkt. Auch ich sage, die SPÖ Oberösterreich wird unbequem bleiben. Allerdings werde ich Kritik nicht öffentlich mitteilen, sondern ich werde dies in den Gremien deponieren. Jeder hat seinen eigenen Führungsstil.
STANDARD: Seit vier Jahren, seit der Wahlschlappe, befindet sich die SPÖ Oberösterreich nun in ihrem Selbstfindungsprozess "morgen.rot". In zwei Jahren wird in Oberösterreich wieder gewählt. Wird es nicht höchste Zeit, unter die Leute zu gehen?
Entholzer: Genau das ist jetzt das Entscheidende. Ich glaube, der Fehler, den wir die letzten Jahre gemacht haben, war, dass wir nicht mehr zu den Menschen gegangen sind, nicht mehr mit ihnen diskutiert haben. Wir haben mit den Leuten mitgeheult, ja das stimmt eh, ist alles so schlecht.
STANDARD: Ihr Wahlziel für die Landtagswahl 2015?
Entholzer: Die absolute Mehrheit der ÖVP brechen. Wir brauchen mehr Gemeinderäte und Bürgermeister, denn nur wenn wir draußen in den Orten präsent sind, wissen die Leute, dass es uns im ganzen Land gibt. (Kerstin Scheller, DER STANDARD, 25.11.2013)