Laibach/Wien - Wie jedes Jahr in der Urlaubssaison erhitzt auch heuer die Frage der Meeresgrenze die politischen Gemüter in Slowenien und Kroatien. Jüngster Anlass ist die Absicht Kroatiens, die Hoheitsbefugnisse in der nördlichen Adria auszudehnen. Diese soll in zwei Ausschließliche Wirtschaftszonen (AWZ) unter Kontrolle Italiens und Kroatiens aufgeteilt werden. In Laibach stößt dieser von Zagreb mit Umweltschutzmaßnahmen begründete Vorstoß auf heftigen Widerstand. Ein Abgeordneter der Regierungskoalition deutete sogar ein Veto Sloweniens zum EU-Beitrittsantrag Kroatiens an.

Die beiden ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken haben zwölf Jahre nach Erlangung ihrer Unabhängigkeit immer noch kein Einvernehmen über die Seegrenze in der Adriabucht von Piran erzielt. Slowenien fordert von Kroatien den Zugang zu internationalen Gewässern, was Zagreb bisher ablehnt. Durch die Einrichtung einer italienischen und kroatischen AWZ gäbe es in der nördlichen Adria überhaupt keine internationalen Gewässer mehr, auf die slowenische Fischer bisher angewiesen waren, weil die Bucht von Piran ziemlich klein ist.

Diskussion vom kroatischen Landwirtschaftsministerium in der Vorwoche ausgelöst

Wie die slowenische Tageszeitung "Delo" berichtet, war die Diskussion in der Vorwoche vom kroatischen Landwirtschaftsministerium sowie Parlamentspräsident Zlatko Tomcic ausgelöst worden. Sie kündigten an, dass Kroatien - offenbar in Absprache mit Italien - im Herbst die AWZ proklamieren wolle. Entsprechende Gespräche zwischen Rom und Zagreb hat der italienische Botschafter in Kroatien, Alessandro Grafini nach Angaben der Triestiner Tageszeitung "Il Piccolo" bestätigt. Das slowenische Außenministerium reagierte mit einer Protestnote, woraufhin das kroatische Außenamt am gestrigen Mittwoch versicherte, dass Kroatien in dieser Frage keine einseitigen Schritte setzen wolle.

Die Errichtung einer AWZ soll nach Ansicht Zagrebs den Kampf gegen Umweltkatastrophen wie jene des Tankers Prestige vor der Küste Spaniens im vergangenen Jahr erleichtern. Außerdem sei solcherart der Fischbestand in der Adria besser zu schützen, da so genannten "Fischfabriken" - ausländischen Großschiffen, die auf hoher See Fische fangen und verarbeiten - das Handwerk gelegt würde. Dies sei schließlich im Interesse aller Anrainerstaaten der nördlichen Adria, also auch Sloweniens, hieß es laut "Delo" in der kroatischen Hauptstadt.

Scharfe Warnung an Kroatien in Bezug auf EU-Beitritt

Parlamentarier von Regierung und Opposition in Laibach können diesen Argumenten wenig abgewinnen. Sie werfen Kroatien vor, vor allem die slowenischen Fischer schädigen zu wollen. Roman Jakic von der Liberaldemokratischen Partei (LDS) sprach von einem "Präjudiz bei der Feststellung der Seegrenze" zwischen Kroatien und Slowenien. Aurelio Juri von der Vereinigten Liste der Sozialdemokraten (ZLSD) richtete eine scharfe Warnung an Kroatien: "In neun Monaten wird Slowenien ein Vollmitglied der EU sein. Kroatien will ihm auf diesem Weg folgen und kann dies nicht ohne seine (Sloweniens) Unterstützung tun." Der Fraktionschef der konservativen Slowenischen Volkspartei (SLS), Janez Podobnik sprach von einer Verletzung des Seerechts sowie der Prinzipien der Europäischen Union.

Laut "Il Piccolo" steht das "schwarze Gold" hinter den Bestrebungen zur Einrichtung einer italienischen und kroatischen AWZ in der nördlichen Adria. Die beiden Staaten wollen die Förderung von Erdgas vom Boden der Adria intensivieren und eine Erdöl-Pipeline zwischen Triest und der kroatischen Insel Krk errichten. Außerdem sollen die USA mit Zagreb bereits die Erstellung einer Machbarkeitsstudie für eine Pipeline vom Kaspischen Meer nach Krk beschlossen haben.

Die Ausschließliche Wirtschaftszone ermöglicht es einem Küstenstaat - der in der Regel über zwölf Seemeilen Territorialgewässer verfügt -, seine Hoheitsbefugnisse unter gewissen Voraussetzungen bis zu 200 Seemeilen ins Meer auszudehnen. Innerhalb dieser Zone kann ein Küstenstaat bei Verstößen gegen die Umweltvorschriften im Extremfall sogar Schiffe stoppen lassen. Solche Zonen haben etwa auch die Anrainerstaaten der Nordsee beschlossen. (APA)