Europa
Tschechische Regierung erörterte Entschädigung deutscher Minderheit
Vizepremier Mares soll bis Ende Oktober konkrete Maßnahmen vorlegen
Prag - Die tschechische Regierung will jene
Sudetendeutschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg in der damaligen
Tschechoslowakei bleiben durften, entschädigen. Das hatte vor einigen
Wochen Vizepremier Petr Mares (liberale Freiheitsunion, US-DEU)
vorgeschlagen. Das Kabinett des sozialdemokratischen
Ministerpräsidenten Vladimir Spidla hat Mares nun beauftragt, bis
Ende Oktober Vorschläge für konkrete Maßnahmen vorzulegen, berichtete
der Tschechische Rundfunk.
Ungleiche Behandlung
Mares soll in Zusammenarbeit mit dem Justizministerium,
Innenministerium, Unterrichts- und Arbeitsministerium ein Szenario
ausarbeiten. Der Vizepremier sprach bisher beispielsweise von der
Entschädigung jener Sudetendeutschen, die auf Grund der Benes-Dekrete
nicht "abgeschoben" worden waren und trotzdem im Vergleich zu den
tschechoslowakischen Staatsbürgern nicht gleichberechtigt behandelt
wurden. Dies geschah etwa durch die Nichtanerkennung der Ausbildung,
die Sudetendeutsche in der NS-Zeit in deutschen Schulen absolviert
hatten. Deswegen beziehen sie heute niedrigere Pensionen. Darüber
hinaus sprach Mares über die Entschädigungen für Zwangsarbeit. Den
Sudetendeutschen wurden damals zwanzig Prozent vom Lohn abgezogen,
wobei diese Summen bei der späteren Berechnung der Pensionen nicht
berücksichtigt wurden.
Heftige Debatten erwartet
Ob und wann diese Entschädigungsmaßnahmen, die nicht die
vertriebenen Sudetendeutschen betreffen, im Parlament zur Sprache
kommen, ist zunächst unklar. Im Abgeordnetenhaus würde man mit einer
schärferen Debatte rechnen müssen, weil die Kommunisten (KSCM) und
die oppositionelle konservative Demokratische Bürgerpartei (ODS), die
sich bisher gegen jegliche Gesten in Richtung der Sudetendeutschen
stellten, darin insgesamt 99 von 200 Stimmen haben. Auch ein Teil der
Sozialdemokraten (CSSD) tritt gegen derartige Kompensationen auf. (APA)