Wien - Die Experten vom Institut für Virologie der Universität Wien warnen: Vor Reisen nach Süditalien sollte bei Kindern und Jugendlichen der Impfschutz gegen die Masern kontrolliert und - im Bedarfsfall - aufgefrischt werden. "Wie bereits im Frühjahr und Sommer des vergangenen Jahres ist in Süditalien in Regionen mit sehr geringen Durchimpfungsraten neuerlich eine Masernepidemie ausgebrochen", schrieb jetzt Dr. Heidemarie Holzmann von dem Institut in der neuesten Ausgabe der Virusepidemiologischen Information.

Epidemie

Insgesamt seien 1.217 Masern-Fälle im Rahmen eines Überwachungssystems in den Abruzzen, in Apulien und Kalabrien registriert worden. Daraus lasse sich beispielsweise für Kalabrien eine Häufigkeit von 5.756 Erkrankungen pro 100.000 Kinder errechnen. Damit wäre Italien "meilenweit von dem erklärten Ziel der WHO entfernt, auch in Europa eine Masern-Inzidenz von weniger als einem pro 100.000 Einwohner zu erreichen".

Die Expertin weiter: "Bereits nach der großen Masernepidemie im letzten Jahr hatten sich die italienischen Behörden entschlossen, größere Anstrengungen zur Anhebung der Durchimpfungsrate zu unternehmen. (...) 2002 waren hochgerechnet über 40.000 Masernfälle bei Kindern unter 15 Jahren aufgetreten, mehr als 600 Personen wurden hospitalisiert. In 16 Fällen trat in Folge der Maserninfektion eine Enzephalitis (Gehirnentzündung, Anm.) auf und in vier Fällen endeten die Masern tödlich." Man könne sich der Empfehlung des deutschen Robert-Koch-Instituts (RKI), vor Reisen nach Süditalien bei Kindern und Jugendlichen den Impfstatus zu überprüfen, nur anschließen.

Ausbruch in Deutschland

Doch Süditalien ist offenbar kein Einzelfall. So berichtete das deutsche RKI erst vor rund zwei Wochen von einem lokalen Masernausbruch in Niedersachsen. Die Expertin: "Obwohl im Gegensatz zu Italien in Deutschland die Masern-Durchimpfungsrate im Durchschnitt über 90 Prozent liegt, ist es wieder zu einer regionalen Epidemie in einer nicht geimpften Bevölkerungsgruppe gekommen. Wie im Vorjahr beim Masernausbruch in Bayern nahm auch diesmal die Epidemie ihren Ausgang in einem anthroposophischen Kindergarten- und Schulkomplex." In einem Landkreis in Niedersachsen sowie in der Nachbarschaft sei es zu insgesamt 218 Erkrankungen gekommen. Ein 13-jähriger Bub hätte eine Enzephalitis als Komplikation erlitten und zeige auch noch Monate nach der Erkrankung eine verminderte Leistungsfähigkeit, Wesensveränderungen und habe Kopfschmerzen.

Die Wiener Virologin zitiert den Chef des Impfausschusses des Obersten Sanitätsrates, den steirischen Kinderarzt und Experten Univ.-Prof. Dr. Ingomar Mutz: "Das eigene Kind nicht impfen zu lassen, ist eine besondere Form der Kindesmisshandlung." (APA)