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Sessel rauf, Qualität runter? Der Standpunkt bestimmt die Perspektive auf die Schule.

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In der gegenwärtigen Diskussion zum Lehrerdienstrecht ortet Siegfried Winkler eine Verschleierung der Realität an den Schulen.

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Der Krieg ist erklärt zwischen Bundesregierung und Lehrergewerkschaft. Ich wundere mich wirklich, wie viele Lehrerinnen und Lehrer - vor allem an höheren Schulen - es plötzlich gibt, die jede Hausübung korrigieren. Täglich ist in den Zeitungen von ihnen zu lesen, sie treten im Fernsehen auf und posten heftig auf diversen Blogs. Sie berichten, wie schrecklich ihr aufreibender Arbeitsalltag ist, der ihnen aber trotzdem viel Freude macht.

Ich möchte nicht falsch verstanden werden: Es gibt diese Lehrer wirklich; und ich persönlich kenne und schätze eine ganze Reihe von ihnen sehr. Was wir aber in der gegenwärtigen Diskussion zum Lehrerdienstrecht wieder einmal gut inszeniert vorgeführt bekommen, ist die Verschleierung der Realität an unseren Schulen: Lehrer, eher schlecht als recht ausgebildet, treffen an Schulen immer häufiger auf Kundschaft, der mit den alten Lehr-Rezepten immer weniger beizukommen ist.

Ein Teil der Lehrer hat sich aber schon in der Vergangenheit auf diese neue Realität eingestellt: Erfolgreiche neue Unterrichtskonzepte wurden entwickelt, Fortbildungen besucht, Unterrichtsmaterialien, elektronische und andere, entwickelt, und die meisten dieser Lehrer korrigieren die Hausübungshefte wirklich regelmäßig. Ihnen geht es gut an unseren Schulen, ihren Schülern aber noch viel besser. Diese Schüler haben mit ihren Lehrern Glück. Andere haben leider Pech. Und diese anderen sind leider deutlich in der Mehrheit.

In Zeiten des Krieges aber werden die einen, die Vorzeige- und Edellehrer, an die Front geschickt. Sie beklagen, wie schlecht sie von ihrem Dienstgeber behandelt werden. Im Schulalltag in Friedenszeiten ist es freilich anders. Da ist es nicht selten so, dass sich die Engagierten für ihren Einsatz fast noch entschuldigen müssen und nicht selten dem Vorwurf ausgesetzt sind, dass sie sich bei den Heranwachsenden nur lieb Kind machen wollen und womöglich auch noch zu wenig Leistung fordern.

Dass es dieses Zwei-Klassen-System an unseren Schulen gibt, haben alle erlebt, als Schüler, aber meist noch heftiger als Eltern. Konkret belegt ist dieses Klassensystem durch die dokumentierte Fortbildungsbereitschaft der Lehrer: Etwa ein Drittel der Pflichtschullehrer besucht regelmäßig Fortbildungen, ein Drittel manchmal, ein Drittel nie. Bei den Lehrern an höheren Schulen besuchen gerade zehn Prozent regelmäßig Fortbildungen.

Wie die Dienstrechtsdiskussion geführt wird, geht sie am Kern der Sache weit vorbei. Ein Dienstrecht sollte Arbeit gerecht bewerten und entlohnen. Das heißt aber vor allem, der Arbeit der Engagierten Wertschätzung entgegenzubringen; diese können gar nicht hoch genug bezahlt werden, die Rahmenbedingungen für ihre Arbeit können gar nicht gut genug sein. Sie verdienen es wirklich! Das heißt aber auch, dass ein Dienstrecht den anderen eine Rute ins Fester stellen und gegebenenfalls von dieser Gebrauch machen darf. Ein Dienstrecht, das alle unabhängig von ihrer Leistung gleich behandelt, ist leistungsfeindlich, ungerecht und schadet der Qualität des Unterrichts enorm.

Qualitätskontrollen

Ein nach Leistung differenzierendes Dienstrecht geht natürlich weit an dem vorbei, was österreichische Beamtentradition ist. Klar ist, dass es nicht einfach wäre, ein solches Modell, das regelmäßige Qualitätskontrollen und die Einbindung aller Betroffenen, einschließlich Eltern und Schüler, vorsieht, zu entwickeln. Klar ist auch, dass vor allem die Lehrergewerkschaft ein solches leistungsfreundliches Modell noch viel massiver bekämpfen würde als das von der Regierung vorgelegte.

Die Kundschaft der Gewerkschaften sind weniger die Engagierten - nicht nur, weil diese eine Minderheit sind; vor allem brauchen diese die Unterstützung durch ihre Standesvertretung am wenigsten. Ihre hervorragende Arbeit ist ihr bester Schutz. Die Gewerkschaft vertritt vor allem Durchschnitt und Unterdurchschnittliche. Diese brauchen gewerkschaftlichen Schutz, der ihnen dazu verhilft, in Ruhe wie bisher weiterzumachen.

Dass die Heranwachsenden und die Qualität des Unterrichts vom vorgeschlagenen Dienstrecht gar nichts haben, liegt auf der Hand. Aber darum ist es weder den Gewerkschaften noch der Regierung je gegangen. Schade.

Unsere Edellehrer werden aber trotzdem weiterhin ihre wunderbare pädagogische Arbeit machen. Dass sie sich in diesen Tagen als Alibis missbrauchen lassen und missbraucht werden, tut mir weh. (Siegfried Winkler, DER STANDARD, 23.11.2013)