Über 24 Stunden lang sprach Strom Thurmond 1957 gegen den Civil Rights Act. Die Blockade von Gesetzen bleibt vorerst möglich, jene zu Personalien soll nun ein Ende haben.

Foto: Strom Thurmond Collection

Nächtelange Reden hat es immer wieder gegeben auf Capitol Hill. Der Klassiker aber ist frei erfunden: Mr. Smith Goes to Washington - ein Film über einen vermeintlich naiven Pfadfinder aus der Provinz, der sich als kantiger Charakter mit starkem Rückgrat entpuppt. Diesen Jefferson Smith halten die Drahtzieher für eine Marionette, ehe er sie im Senat eines Besseren belehrt mit einem kämpferischen Auftritt, der gar nicht mehr enden will.

Im wahren Parlamentsleben hat Ted Cruz, ein konservativer Texaner, neulich 21 Stunden ohne Pause geredet - wobei er seitenlang aus einem Kinderbuch vorlas: Green Eggs and Ham. Vor ihm war es der Republikaner Rand Paul, der sich des Filibusters bediente, um aus Protest gegen den US-Drohnenkrieg den designierten CIA-Chef John Brennan auflaufen zu lassen. Jedes Mal stellen sich zwei Fragen. Wie lange kann man durchhalten, ohne auf die Toilette zu gehen? Und welche Schuhe eignen sich am besten?

Nun ist es vorbei mit dem Filibustern, zumindest fast. Entscheidet der Senat über Personalvorschläge des Präsidenten, sind Dauerreden fortan tabu - es sei denn, es handelt sich um Richter des Supreme Court. Bisher konnten Rhetoriker mit Stehvermögen Anwärter auf Kabinetts- oder Justizposten so lange schmoren lassen, bis sich eine Mehrheit von 60 Senatoren fand, um eine Abstimmung zu erzwingen. Nunmehr reicht eine einfache Mehrheit.

Durchgesetzt wurde die Regeländerung von den Demokraten, die den Senat dominieren und nicht länger mit ansehen wollten, wie die Opposition Personalien auf die lange Bank schiebt. Drei Kandidaten Barack Obamas fürs Berufungsgericht, die zweithöchste Rechtsinstanz, waren wochenlang verhindert worden, ohne dass es an ihrer Qualifikation etwas auszusetzen gab.

Uralte Tradition

Lange Zeit konnte sich kaum einer vorstellen, dass die Demokraten es wagen würden, an uralten Traditionen zu rütteln. So kurios der Filibuster anmuten mag, so tief ist er in der Kongressgeschichte verwurzelt. Der Senat sollte abkühlen lassen, was in der Hitze des Gefechts aus dem Repräsentantenhaus kam. George Washington verglich dies mit einer Untertasse, in die man zu heißen Kaffee gießt, um ihn lauwarm schlürfen zu können. Der Filibuster sollte die Mühlen angemessen langsam mahlen lassen.

Anfangs seltene Ausnahme, wurde er zuletzt so oft bemüht, dass das Parlament angesichts tiefer Parteigräben in Handlungsunfähigkeit erstarrt wäre, wäre der alte Zopf nicht abgeschnitten worden - so sehen es die Demokraten.

"Es ist Zeit, den Senat zu ändern, bevor diese Institution überflüssig wird", spitzt es Demokrat Harry Reid zu. Der Gegenseite gehe es nur noch ums Blockieren aus Prinzip. Reid werde seinen Vorstoß noch bitter bereuen, entgegnet Mitch McConnell, der Fraktionschef der Konservativen: Dann nämlich, wenn die Republikaner wieder das Sagen hätten und den Spieß umdrehen könnten - "früher, als Sie heute denken". (Frank Herrmann aus Washington, DER STANDARD, 23.11.2013)