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Sicherheitsgefährdendes Übergewicht. Kevin Chenais wartet in einem Hotel in London auf eine Lösung, wie er nach Hause nach Frankreich kommen kann.

Foto: AP/Kirsty Wigglesworth

Kevin Chenais ist 22 Jahre alt und 230 Kilogramm schwer. Das ist nicht seine Schuld: Der junge Franzose leidet unter einer seltenen Hormonkrankheit. Er bewegt sich im Rollstuhl und ist unter dauernder Atemkontrolle. Aber nicht deshalb hat er Mühe, vorwärtszukommen. Eher sind es die Betreiber öffentlicher Verkehrsmittel, die ihm die Fortbewegung schwer machen.

Chenais reiste 2012 zur Arztbehandlung in die USA. Er flog mit British Airways und schaffte es mit seinen Eltern bis in die Mayo Clinic in Rochester im US-Bundesstaat Minnesota. Dort war aber fürs Erste Endstation: Nach einer monatelangen Therapie weigerte sich die britische Fluglinie mit einem Mal, den Franzosen von Chicago nach London zu befördern - und dies sogar, wenn er zwei Sitzplätze kaufte. Das angeführte Motiv? Sicherheitsgefährdendes Übergewicht.

Ozeandampfer lehnte ab

Als auch andere Fluggesellschaften die Ticketausgabe aus dem gleichen Grund verweigerten, wandten sich die Eltern an die Reedereien, um eine Atlantiküberfahrt zu erstehen. Doch auch der Ozeandampfer Queen Mary lehnte aus Gründen der "medizinischen Sicherheit" ab.

Als der Fall in den US-Medien für Schlagzeilen sorgte, zeigte sich die Fluglinie Virgin Atlantic bereit, Chenais unentgeltlich zu befördern. Am Dienstag traf er in London ein. Doch nun galt es noch den Ärmelkanal zu passieren. Fluglinien lehnten ab, und auch der TGV Eurostar blieb dem Franzosen verwehrt. Bei einem Unfall in dem Kanaltunnel wäre die Sicherheit nicht gewährleistet, hieß es. Dabei gibt es in den Eurostar-Zügen Doppelsitze für Behinderte und ähnliche Fälle, und dies ohne Gewichtsbeschränkung.

Nach einer neuen Wartefrist in einem Londoner Hotel zeichnete sich am Donnerstag eine Lösung ab: Eine Ambulanz soll den Fettleibigen bis nach Frankreich bringen, nachdem sie sich in Dover auf eine Autofähre nach Calais eingeschifft hat. Chenais' Mutter drückte in Pariser Medien die Hoffnung aus, dass die ganze Familie wenigstens Weihnachten vereint an ihrem Wohnort in Ferney-Voltaire (Ostfrankreich) verbringen kann.  (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, 21.11.2013)