Fast wie bei Elizabeth Taylor und Richard Burton: Lies (Leslie Malton) und Richard (Peter Kremer) sind in den Kammerspielen der Josefstadt ein im Streit vereintes verhindertes Liebespaar.

Foto: Gernot Singer

Wien - "Schrei mi ned an, i bin a Liebling!" - Dieser Satz mit Wiener Charme würde rein inhaltlich ganz gut zum Stück Der letzte Vorhang von Maria Goos passen. Darin spielt Leslie Malton gemein-sam mit Peter Kremer (Siska) ab heute, Donnerstag, in den Kammerspielen der Josefstadt ein im Disput vereintes Liebespaar aus dem Theater. Für dieses kehrt Schauspielerin Leslie Malton nach 23 Jahren erstmals wieder nach Wien zurück. Hier ist sie aufgewachsen und zitiert heute genüsslich belustigt wienerische Herzenssager wie den eingangs angeführten.

Als Enkelin einer Wiener Gastwirtin ist ihr genug davon zu Ohren gekommen. Die 1958 in Washington, D.C., geborene Mimin ist die Tochter einer Wiener Maklerin und eines amerikanischen Diplomaten. "Ich habe die wichtigsten, prägendsten Jahre in Wien verbracht, die Teenagerzeit. Ich wusste immer, dass ich hier Wurzeln habe, aber ich habe nicht geahnt, wie tief sie sind", sagt sie im Standard-Gespräch. "Das Wienerische erinnert mich an Englisch, weil es eine ähnliche Flexibilität und Lust am Formulieren hat. Das ist im Deutschen nicht grundsätzlich so."

Leslie Malton ist in beiden Sprachen aufgewachsen. Das war schon früh ein Vorteil, als sie als 17-Jährige in Wien Assistentin der britisch-österreichischen Schauspielerin Hermione Gingold wurde. Damals übersiedelte Maltons Familie wieder in die USA, Leslie Malton blieb dort, um an der Seite von Elizabeth Taylor und Diana Rigg im Film Eine kleine Nachtmusik (1977) zu debütieren. "Liz Taylor war toll. In einer Filmszene habe ich sie mit einer Federboa unabsichtlich beinahe erwürgt. Sehr unangenehm."

Getrennt von der Familie zu leben war für die junge Frau "leiwand" und hat vom vazierenden Leben als Theater-, Film- und Fernsehschauspielerin schon früh viel vorweggenommen. Boston, New York, London oder Frankfurt waren weitere Stationen. Und zwischen 1986 und 1991 auch Wien. In der Ära Claus Peymann war Leslie Malton fix im Haus am Ring engagiert und hat hier unter anderem an der Seite von Klaus Maria Brandauer in Hamlet die Ophelia gespielt.

Arbeit mit George Tabori

Prägend war für sie aber vor allem die Zusammenarbeit mit George Tabori (Mein Kampf am Akademietheater), dem sie später auch an sein Theater Der Kreis, das heutige Wiener Schauspielhaus, folgte. "Tabori war ganz anders, die Arbeit mit ihm ist der Grundstock meiner Ausbildung." Und weiter: "Er wollte nicht, dass wir mit dem gelernten Text kommen, sondern dass wir gemeinsam die Haltung zu einem Stück erarbeiten. Er hat sich sehr für Menschen interessiert, und manche Menschen sind Schauspieler."

Die kurzzeitige Rückkehr nach Wien war ein langgehegter, aber nie ausgesprochener Wunsch Maltons. Dass er sich nun erfüllt, verdankt sich Schauspielkollege André Pohl, der den Letzten Vorhang nun inszeniert, ein pulsierendes Stück Schauspielertheater, in dem zwei ehemalige Schauspielstudenten nach Jahrzehnten wieder aufeinandertreffen.

Leslie Malton selbst hat ihre Ausbildung jenseits klassischer Studiengänge in Eigenregie kompiliert, am Media Arts College in New York oder bei Dramakursen in London. Dabei hat sie sich ganz an die angelsächsische Denkweise gehalten: "Get a part, get a job!"

Ähnlich lösungsorientiert ging Leslie Malton auch vor, als sie 1978 in Berlin Fuß fassen wollte: "Ich hab das Telefonbuch genommen und unter "T" nach Theater gesucht und angerufen." Hat bestens geklappt. Mit kraftvollen, melancholisch-tiefgründigen Frauenrollen gelang ihr später eine beeindruckende Fernsehkarriere. Die Rolle der korrupten Anlageberaterin Gudrun Lange aus der Kaufhaussaga Der große Bellheimwurde dabei ihre populärste. (Margarete Affenzeller, DER STANDARD, 21.11.2013)