Neue "Morph"-Technik bringt variable Sitzreihen.

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Flugzeugsitze in der Holzklasse sind in der Regel alle gleich groß – oder klein. Je mehr Plätze sich in der Maschine befinden, desto mehr Passagiere können befördert werden und desto mehr Umsatz macht die Airline. Das kann für Dicke bisweilen zum Problem werden, die sich unter großen Mühen in die Sitzschale zwängen müssen – zur Belustigung der Passagiere und zum Verdruss des Sitznachbarn. Vor kurzem verweigerte British Airways einem 226 Kilogramm schweren Mann den Rückflug. Und Air Samoa berechnet den Flugpreis nach Gewicht. Allerdings haben die zwei Flugzeuge in Ozeanien nur zehn Sitze und einen Viersitzer. Für Dickleibige bleibt meist nur ein kostspieliges Upgrade auf die Business Class.

"Morph-Modell"

Die Londoner Design-Firma Seymourpowell hat nun eine Technik entwickelt, mit der die Sitzreihen variabel verschoben werden können. Je nach Bedarf kann bei dem "Morph-Modell" die Sitzfläche vergrößert oder verkleinert werden. Die Sitze einer Dreierbank können samt Modulen – Armlehne und Rückenlehne – von 18 Inch Breite (die meisten Flugzeuge verfügen über zwischen 17 und 18,5 breite Sitze, also zwischen 43 und 47 Zentimetern) zu einer Zweierbank ausgebaut werden. Dabei geht der Stoff wie eine Ziehharmonika auseinander. Der mittlere Sitz lässt sich bis auf zehn Inch zurückfahren und dient in dieser Ausformung als Ablage. Die Passagiere würden bei diesem Modell nicht pro Platz, sondern nach Breite bezahlen. Das hat zwei wesentliche Vorteile. Einerseits könnten die Airlines ihre Preise flexibler gestalten. Andererseits hätte der Kunde mehr Wahlfreiheit, weil er sich zwischen feiner abgestuften Tarifen entscheiden könnte. Der Aufpreis von einem 18-Inch- auf einen 22-Inch-Sitz dürfte wohl geringer ausfallen als der von Economy auf Business Class.

Auch für Familien hätte das Morph-Modell Vorteile. Vater, Mutter und Kind müssten nicht mehr jeweils auf einem Sitz Platz nehmen, sondern könnten den Raum auf einer Sitzbank individuell aufteilen. Da ein Kleinkind normalerweise weniger Platz benötigt, könnten die Eltern die freiwerdende Fläche unter sich aufteilen. Das bietet eindeutig mehr Komfort.

Ergonomisch variable Sitzaufteilung

Das Konzept von Seymourpowell ermöglicht eine ergonomisch variable Sitzaufteilung, die anders als die starre Standardversion in der Holzklasse der Physiognomie der Passagiere Rechnung trägt. Dickere Insassen mögen ob der Neuerung die Nase rümpfen, weil sie vermutlich mehr bezahlen müssen. Für Reisende, die mehr Komfort wünschen, aber vor einer Buchung in der Business Class aus Preisgründen zurückschrecken, ist das Modell hingegen eine echte Alternative. Die Frage ist nur, ob sie auch von den Fluggesellschaften gewollt wird. (Adrian Lobe, derStandard.at, 20.11.2013)