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Einer der größten Biosprit-Hersteller ist die zu Raiffeisen zählende Agrana, die in Pischelsdorf in Niederösterreich Ethanol aus Getreide gewinnt.

Foto: APA/Pfarrhofer

Straßburg/Brüssel/Wien - Das heiße Kapitel Österreich und Biosprit ist um eine Episode reicher. Die EU-Kommission hat u. a. wegen fehlender ökologischer Kriterien bei der Beimischung von Ethanol eine Klage gegen das Land beim Europäischen Gerichtshof eingeleitet. Der soll gleich Strafzahlungen von 15 Millionen Euro im Jahr verhängen. Auch wenn die Details für das Vorgehen am Mittwoch nicht zu eruieren waren, gilt der Schritt als neuerlicher Schlag gegen Österreichs Rolle beim Einsatz von Getreide als Energiequelle.

Umweltminister Nikolaus Berlakovich hatte lange auf eine Anhebung der Ethanol-Beimischung der Agro-Treibstoffe auf zehn Prozent gepocht, musste das Vorhaben wegen großen Widerstands letztlich aber fallen lassen. Die Erzeugung von Biosprit aus Raps und Getreidesorten ist umstritten, weil dadurch Flächen für den Anbau von Nahrungsmitteln verknappt und die Preise in die Höhe getrieben werden. Überdies wird kritisiert, dass Österreich Raps in großem Ausmaß importieren muss. Und: Laut einer Greenpeace-Untersuchung werden den Biokraftstoffen bis zu 60 Prozent Palmöl beigemischt, für deren Erzeugung große Flächen an Regenwäldern gerodet werden. "Von Nachhaltigkeit braucht man da gar nicht anfangen zu reden", meint Greenpeace-Energiesprecherin Julia Kerschbaumsteiner. An Berlakovich ist die Kritik bisher abgeprallt, er setzt sich für eine Ausweitung des Biokraftstoff-Anteils von derzeit sieben auf 20 Prozent ein. Das EU-Parlament hat sich auf eine Begrenzung der Beimischung von sechs Prozent geeinigt, zudem sollen negative Faktoren bei der Landnutzung in die Emissionsberechnung einfließen.

Ökostromprobleme

Bereits in Kraft ist eine Regelung, wonach Biokraftstoffe nachhaltige Kriterien erfüllen müssen, die nun offenbar verletzt wurden. Dazu zählt, dass die Pflanzen nicht auf Wald- oder anderen ökologisch wertvollen Flächen angebaut werden dürfen. Die Umsetzung erfolgte durch das Umweltministerium, die Kontrolle durch das Umweltbundesamt. Beide zeigten sich von der Klage überrascht, was insofern seltsam ist, als die Klage am Ende eines langen Verfahrens steht.

Für die Regierung in Wien, die sich in Sachen Umweltschutz und Nachhaltigkeit gerne als "Europameister" präsentiert, ist die Klage ein größerer Imageschaden, zumal noch weitere Verstöße beanstandet wurden. Nach Auffassung der EU-Behörde hat die Regierung in den Bundesländern nicht dafür gesorgt, dass Ökostromerzeuger ausreichend und prioritär Zugang zum Netz bekommen. Dazu sei Transparenz herzustellen, sowohl die Kosten als auch technische Details betreffend, wie verfügbare Kapazitäten im Stromnetz.

Ob es zu einer Verurteilung beim EuGH in Luxemburg kommt, ist offen. Zum einen hat die Regierung jederzeit die Möglichkeit, den rechtmäßigen Zustand herzustellen und eine Strafe zu vermeiden. Zum anderen wurden einzelne legislative Maßnahmen inzwischen in Brüssel angemeldet, waren der Kommission aber nicht ausreichend.Es geht dabei um das Ziel, den Anteil der erneuerbaren Energie bis 2020 auf 20 Prozent zu steigern. Die Umsetzung der Richtlinie hätte freilich bereits im Dezember 2010 erfolgen sollen.

Eine weitere Rüge setzt es, weil Österreich eine EU-Richtlinie zur Errichtung von CO2-Speichern bisher nicht umgesetzt hat. Nach der inzwischen zweiten Mahnung gibt Brüssel zwei Monate Zeit, dann käme eine Klage beim EuGH. In einem dritten Fall geht es um das umstrittene Kraftwerk an der Schwarzen Sulm in der Steiermark. Die Kommission hat die Behörden aufgefordert, das Genehmigungsverfahren zu überprüfen, weil bei der Bewilligung des Baus die EU-Wasserrichtlinie nicht ausreichend beachtet wurde. Passiert nichts, folgt in zwei Monaten eine Höchstgerichtsklage (Thomas Mayer Andreas Schnauder, DER STANDARD, 21.11.2013)