Wien - Wiener Wissenschafter haben mit Experten aus Australien, Großbritannien, Irland, Schweden und den USA die molekulare Wirkung von Peptiden aus einer afrikanischen Heilpflanze entschlüsselt. Es handelt sich dabei um eine Pflanze aus der Familie der Kaffeegewächse, teilte die MedUni Wien am Mittwoch mit.

Peptide sind kurze Molekülketten, die aus Aminosäuren bestehen. Körpereigene Peptide können eine Vielzahl von Körperfunktionen beeinflussen. Auch zyklische Pflanzenpeptide, sogenannte Cyclotide, haben eine Wirkung auf den menschlichen Organismus. "Bisher war aber nicht klar, ob und an welchem Rezeptor diese Peptide wirken und wie ihr molekularer Signalweg aussieht", erklärt Christian Gruber vom Zentrum für Physiologie und Pharmakologie der MedUni Wien.

Erleichterung der Geburt

Cyclotide wurden ursprünglich als Inhaltsstoffe pflanzlicher Heilmittel entdeckt, die in der traditionellen Medizin bei afrikanischen Völkern - etwa zur Einleitung der Geburt - eingesetzt werden. Die Pflanzen werden als Tee ("kalata-kalata") zubereitet, um bei oraler Anwendung den Geburtsvorgang zu erleichtern und zu beschleunigen. "Bis heute war aber unklar, ob es für diese Peptide einen bestimmten Rezeptor gibt, um eine Gebärmutterkontraktion auszulösen", sagt Gruber.

"Wir haben jetzt ein Peptid - das sogenannte 'Kalata B7' - gefunden, das nicht nur isolierte Uterusmuskelzellen kontrahieren kann, sondern auch an zwei Rezeptoren, dem Oxytocin- und Vasopressin-1a Rezeptor, bindet und deren Wirkung reguliert", ergänzt der Pharmakologe.

Ähnliche Struktur wie Oxytocin

Mit Hilfe modernen Analytikmethoden wurde nachgewiesen, dass die Pflanzenpeptide eine dem menschlichen Oxytocin ähnliche Struktur besitzen. Oxytocin ist als "Glückshormon" bekannt, das nicht nur eine wichtige Bedeutung beim Geburtsprozess hat, sondern auch die Bindung zwischen Mutter und Kind beziehungsweise generell das zwischenmenschliche und partnerschaftliche Verhalten beeinflusst.

"Damit ist ein ganz wichtiger Schritt getan: Wir konnten den Mechanismus für ein bestimmtes Peptid in dieser einen Pflanze zeigen. Basierend auf dessen natürlichem Bauplan haben wir dann synthetische Liganden (Stoffe, die an einen Rezeptor binden und eine Wirkung in der Zelle ausüben können; Anm.) hergestellt, welche bessere pharmakologische Eigenschaften aufweisen", so Christian Gruber. 

Entwicklung von Wirkstoffen

Adrenalin ist beispielsweise ein natürlicher Ligand für Beta-Rezeptoren an Herzmuskelzellen. "Wir wissen mittlerweile, dass diese zyklischen Peptide eine ernome Aminosäurevielfalt aufweisen, und weit verbreitet im Pflanzenreich vorkommen. Sie wurden mitunter in Veilchen-, Kürbis- und Nachtschattengewächsen, in Hülsenfrüchtlern und sogar in bestimmten Getreidesorten nachgewiesen. Basierend auf unseren Ergebnissen können wir nun Cyclotide aus vielen anderen Pflanzen isolieren und diese Peptid-Bibliothek auf verschiedenen Rezeptoren testen", erklärt der MedUni Wien-Forscher.

Ziel der Forscher ist es nun, Liganden für Peptid-Rezeptoren zu entwerfen und als Wirkstoff umzusetzen. (APA/red, derStandard.at, 20.11.2013)