Man kann sich einfach nicht verlassen auf den Osteriaführer, jedenfalls nicht lückenlos. Aber auf den Bruckenberger. Auch wenn's um's Essen geht. Jedenfalls in Bra und Umgebung. Zum Beispiel, wenn in meinem gedrängten Programm für vier Tage Piemont noch ein Pranzo fehlt. Da streut der Bruckenberger lässig ein: Wir könnten in diese Kantine in Verduno schauen. Na, wenn er wenigstens den Weg weiß, wenn schon nicht den Namen.

In Verduno war mir bisher Schauen weit wichtiger als Essen, wie gedächtnisstarke Schmecks-Userinnen und -User vielleicht noch wissen. Und mehr als Ca' del Re fand ich nicht im Osteriaführer von Slow Food (Deutsch bei Hallwag), an den ich mich in Italien gern halte, manchmal zu gerne wie etwa in Calamandrana. Bruckenberger nahm die Witterung auf und war auch schon, wo er hinwollte: Trattoria dai Bercau - zu finden auch unter www.bercau.it. Kein schönes Lokal, aber ziemlich genauso schöne Menschen wie im Del Rei, und ein Lokal, das mich so wunderbar an die frühere Cantina Communale in Roddino erinnert, an die geradezu legendäre Da Gemma also.

An einem Samstagmittag im November rappelvoll, und das zurecht. Die Schüsseln mit - meist hervorragenden - Antipasti werden von Tisch zu Tisch gereicht. Für einmal 25 Euro Aufpreis (auf insgesamt 80 für zwei) zweimal ordentlich wirklich guten Trüffel auf Nudeln und Ei. Sehr gute Kaninchen und Kälber als Hauptgang. Und ein Dessert, das Bruckenberger zum Glück nur beinahe aus Sättigung auslassen wollte: Panna Cotta aus Ziegenmilch, eine cremige Wucht.

Die wissen auch Herren und Damen zu schätzen, die vorzugsweise Schwarzes, vor allem Leder, und Jeans tragen, sich eher ungern rasieren und die Sonnenbrille auch in geschlossenen, nicht sonderlich grell beleuchteten Räumen und bei Tisch nicht ablegen. Mekka of Choppers steht auf ihren Sweatern, und sie essen hier mindestens so fröhlich und manierlich wie der Bruckenberger und ich. 

Eine Trattoria wie damals: Dai Bercau in Verduno.

Foto: Harald Fidler

Carne, Bruder, Cruda mit zitronigem Olivenöl. Ein würdiger Start.

Foto: Harald Fidler

Kalbsleber mit süßen Zwiebeln, nicht mein Liebling, aber stört auch nicht weiter.

Foto: Harald Fidler

Sensationelles Käse-Ufo: Spinatfrittata mit Fonduta, ein saftiger Höhepunkt.

Foto: Harald Fidler

Auch hier fehlt der Käse nicht: Kohlroulade mit Faschiertem, sehr gut.

 

Foto: Harald Fidler

Bruckenberger lässt sich die Trüffel lieber über die Nudeln hobeln, ...

Foto: Harald Fidler

... ich wollte endlich wieder einmal ein Ei darunter ("keine Fonduta?"). In beiden Varianten die vermutlich besten, üppigsten und günstigsten Knollen unseres Ausflugs ins Piemont - 25 Euro Aufpreis für beide Portionen.

Foto: Harald Fidler

So schaut's aus - vor allem voll. Besser reservieren oder knapp vor 13 Uhr eintreffen, sonst wird's hier manchmal zu eng für weitere Gäste.

Foto: Harald Fidler

Bruckenbergers Backe in Nebbiolo, sehr, sehr gut.

Foto: Harald Fidler

Mein Kaninchen schön beherzt bekräutert, mir vielleicht ein Alzerl zu salzig, aber vor allem: Für dieses Kleinvieh sehr saftig.

Foto: Harald Fidler

Bunet. Diesmal nicht probiert. Aber garantiert sehr, sehr super.

Foto: Harald Fidler

So sieht es aus, wenn man bei den Bercaus ein klitzekleines Stückerl von der Nusstorte will. Und ich verstehe jeden Satten, der sie dennoch verputzt: Saftig, mandelig, schokoladig - großartig.

 

 

Foto: Harald Fidler

Bruckenberger hatte das Dessert schon abgewunken. Da erinnerte ihn Franca, dass die Panna Cotta aus Ziegenmilch doch wirklich nichts ist, das man ablehnen kann. Konnte auch er nicht. Und hat es nicht bereut.

80 Euro für zweimal vier Antipasti, Pasta mit ordentlich Trüffel, Hauptgang und Traumdessert, dazu ein halber Liter anständigen Hausweins (für die ordentliche Weinkarte schien es uns zu früh), Wasser und Kaffee.

(Harald Fidler, derStandard.at, 19.11.2013)

Foto: Harald Fidler